Bild nicht mehr verfügbar.

Soziale Netzwerke sind für den Einstieg in den Arbeitsmarkt am wichtigsten. Knapp 33 Prozent der Berufseinsteiger finden den ersten Job über die Unterstützung von Familie, Freunden oder Bekannten, nicht einmal 20 Prozent über Inserate oder Internet und nur fünf Prozent über das Arbeitsmarktservie (AMS).

Foto: APA-Grafik

Bild nicht mehr verfügbar.

"Ich denke, als Absolvent hat man es schwer, ohne Beziehungen sofort einen guten, also der Ausbildung entsprechenden, Job zu finden." (Marco R.)

Foto: APA/Wulf Pfeiffer

Wie suchen AbsolventInnen Jobs? Wie gestaltet sich die Suche? Wie wichtig ist Networking - von realen Kontakten bis zu Facebook & Co? Vier AbsolventInnen verschiedener Studienrichtungen berichten über ihre Erfahrungen.

Christine Niedereder ist Absolventin der FH für wirtschaftswissenschaftliche Berufe, Campus02 in Graz und arbeitet seit Dezember 2007 bei Porsche Austria GmbH & Co OG im Bereich Service Marketing und Werbung.

Melanie T. hat im März 2010 ihr Slawistikstudium an der Universität Wien beendet und ist heute freiberuflich und vielschichtig unterwegs: über  Personalagenturen arbeitet sie als Sales-Promoterin in Elektronikmärkten und bei Optikern. Fallweise ist sie als Service-Aushilfe, Messehostess und Kongressbetreuerin im Einsatz. "Dazu kommt Projektarbeit wie die russische Moderation bei den Austrian Aerobic Open." Einen Tag pro Woche arbeitet Melanie fix als Russisch-Übersetzerin und Projektassistentin in einem Wiener Veranstaltungsbüro.

Cheng Chieh Chen ist Magister in IBW und Chinesisch. Seit fast eineinhalb Jahren arbeitet er als Account Manager bei LAOLA1.

Marco R. ist Bachelor in Informatik an der Technischen Universität Wien und arbeitet an seinem Master. Als Software Entwickler ist er im Healthcare-Bereich tätig. "Begonnen habe ich vor etwas mehr als zwei Jahren bei einer kleinen Firma. Die Entwicklungsabteilung wurde im Frühling von Philips Respironics gekauft, die Mitarbeiter wurden übernommen."

derStandard.at: Wie haben Sie Ihren Job gefunden? Über Ausschreibungen, Beziehungen, Jobbörsen oder eine Bewerbung ins Blaue?

Marco R.: Ein Studienkollege, der bereits bei der Firma angestellt war, hat mich auf eine Ausschreibung aufmerksam gemacht, worauf ich mich beworben habe.

Christine Niedereder: Ich habe mich über die Internetseite des Unternehmens beworben.

Cheng Chieh Chen: Ich bin über eine Jobbörse und die Internet Seite von LAOLA1 auf die Ausschreibung aufmerksam geworden.

Melanie T: Ich nutze alle Möglichkeiten: Meine neue Übersetzungstätigkeit ist durch Initiativbewerbung, meine Arbeit für die Personalagenturen über Online-Jobbörsen zustande gekommen. Übersetzungs- und Dolmetschaufträge erhalte ich durch Beziehungen zu anderen Slawistik-Absolventen, Ausschreibungen über den e-mail-Verteiler des Instituts für Slawistik - danke, Professor Newerkla! - über die Liste "Junge-Osteuropa-ExpertInnen" (JOE-List) oder das "Kulturportal Russland".

derStandard.at: Wie lange hat die Jobsuche gedauert und welche Erfahrungen haben Sie gemacht?

Cheng Chieh Chen: Ich habe rund ein halbes Jahr lang gesucht! Es war nicht so einfach, da es wenige Stellen und viele Bewerber gab. Einige Prozesse dauerten sehr lange und gingen über viele Bewerbungsrunden.

Marco R.: Ich habe nicht aktiv nach Arbeit gesucht, da ich mich noch mitten im Studium befand und für den Job angeworben worden bin.

Melanie T: Ich bekomme meine Jobs sehr schnell, schreibe ständig Bewerbungen und sage auch einmal Angebote ab, wenn sich was Besseres abzeichnet. Diese Freiheit bringt meine nicht-fixe Situation mit sich. Aber man muss schon ein Organisationstalent sein, um das durchzuziehen.

Christine Niedereder: Meine Jobsuche hat drei Monate gedauert. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass Stellenausschreibungen auf Internet-Plattformen teilweise schon vergeben aber immer noch ausgeschrieben waren. Auf fast alle Bewerbungen kam eine Antwort retour, dafür dauerte das auch mal sechs Wochen.

derStandard.at: Haben Sie nach oder bereits während der Ausbildung zu arbeiten begonnen?

Marco R.: Ich habe während der Ausbildung begonnen, dadurch stagniert meine Arbeit am Master momentan etwas. Davor hatte ich Ferienjobs, die aber nichts mit meiner Ausbildung zu tun hatten.

Cheng Chieh Chen: Mit dieser Stelle habe ich nach der Ausbildung begonnen. Das ist mein erster Job im Bereich dessen, was ich studiert habe. Vorher hatte ich viele, viele Studentenjobs und war Leistungssportler.

Melanie T: Ich habe von Studienbeginn an gearbeitet. Bereits während der Ausbildung zu arbeiten, halte ich für sehr wichtig. Auch wenn der Bereich nicht dem Fachgebiet des Studiums entspricht, lernt man enorm viel über die Arbeitswelt, über Strukturen, den Umgang mit Vorgesetzten, Mitarbeitern und über die richtige Bewerbung. Man knüpft Kontakte und baut seine Social Skills aus. Außerdem kommt ein voller Lebenslauf bei potenziellen Arbeitgebern besser an. Eigeninitiative ist gefragt. Wer passiv auf einen Job wartet, womöglich noch über das AMS, hat als Akademiker ein dicken Malus im Lebenslauf.

Christine Niedereder: Meine Tätigkeit bei Porsche ist der erste Job nach dem Studium. Davor habe ich als Bankangestellte und kaufmännische Angestellte gearbeitet.

derStandard.at: Haben Social Networks beziehungsweise Online-Jobplattformen oder -Suchmaschinen bei der Suche nach Arbeit eine Rolle gespielt?

Marco R.: Nein, weil ich ja nicht gesucht habe. Allerdings war die Stelle im Informatik-Forum der TU Wien ausgeschrieben.

Cheng Chieh Chen: Ich habe auf diversen Online-Plattformen gesucht. Social Networks haben gar keine Rolle gespielt. Damals war ich noch nicht auf xing oder facebook. Letzteres ist meiner Meinung nach eher was Privates, aber mittlerweile sicher auch interessant für die Jobsuche.

Melanie T: Einige Job-Plattformen haben sehr wohl eine Rolle gespielt, Social Networks dagegen nicht, die nutze ich nur für Privates. Ich kenne auch niemanden, der über facebook und Co. einen Job gefunden hätte. Ich glaube, da wird vieles überschätzt.

Christine Niedereder: Ich habe auch über Online-Plattformen gesucht, die meisten Stellenausschreibungen gab es damals aber in Tageszeitungen.

derStandard.at: Was halten Sie von "Networking"? Läuft alles über Beziehungen?

Christine Niedereder: Es kommt auf den Bereich an. Meiner Meinung nach werden gerade Stellen im Marketing großteils über Beziehungen vergeben. Aus meiner Sicht hat "Networking" rein über Online-Plattformen nicht wirklich einen Vorteil, anders dagegen ist das bei persönlichen Beziehungen.

Cheng Chieh Chen: Meiner Meinung nach ist Networking für viele Positionen fast das wichtigste und als Frischling nach der Uni, wo man noch kein schönes Curriculum Vitae hat, sehr von Vorteil. Wenn man neben dem Studium schon berufliche Erfahrung gesammelt hat, ein schönes CV hat und sich gut präsentiert, ist natürlich alles möglich. Grundsätzlich rate ich jedem zum Networken! Leute kann man nie genug kennen.

Melanie T: Über Beziehungen geht vieles leichter. Aber die muss man sich hart erarbeiten. Man muss schon aufpassen, wie man sich wem präsentiert und immer im Hinterkopf haben, was man jobmäßig davon haben könnte. Die Selbstvermarktung gehört für mich genauso zur Arbeit wie auch die Stunden daheim vor dem PC mit dem Kalender auf dem Schoß und dem Telefon in der Hand. Trotzdem lohnt es sich, auf Ausschreibungen zu reagieren oder eine Initiativbewerbung zu schreiben. Das hat bei mir alles schon funktioniert. Glück, Geduld und Gespür gehören allerdings auch dazu.

Marco R.: Ich denke, als Absolvent hat man es schwer, ohne Beziehungen sofort einen guten, also der Ausbildung entsprechenden, Job zu finden. Meistens steht ja schon in den Ausschreibungen, dass eine mehrjährige Berufspraxis gewünscht wird. Ich glaube und hoffe, dass es leichter wird, einen guten Job ohne Beziehungen zu finden, wenn man schon ein paar Jahre in einer guten Position bei einer bekannten Firma gearbeitet hat. Meine Erfahrung ist, dass es bei Personalentscheidungen darum geht, genügend Vertrauen in einen Bewerber zu gewinnen. Am einfachsten ist das, wenn das Vertrauen in die Person bereits gegeben ist, etwa durch gemeinsame Erfolge auf der Uni oder in früheren Jobs. Ich glaube nicht, dass facebook und Co Bekanntschaften aus dem echten Leben ersetzen können. Weder privat, noch im Berufsleben. Allerdings wird es mit Online-Communities einfacher, mit einem großen Personenkreis in regelmäßigem Kontakt und somit auch im Gedächtnis der Leute zu bleiben. Kann schon sein, dass einem das bei der Jobsuche Vorteile verschafft. (tin, derStandard.at, 10.11.2010)