Wien - Armin Thurnher ist am Freitag im Wiener Rathaus mit dem "Ehrenpreis des österreichischen Buchhandels für Toleranz in Denken und Handeln" ausgezeichnet worden. In seiner Dankesrede bezeichnete der 61-jährige "Falter"-Chefredakteur den "schreibenden Beruf" als "besondere Form des Autismus". Zur Situation der Presse- und Meinungsfreiheit fand er kritische Worte.

"In dieser Überlebensfrage der Demokratie ist zivile Dissidenz notwendig, und ich gestatte mir, die Zuerkennung dieses Preises als Ermutigung aufzufassen, damit fortzufahren", so Thurnher. In aller Ausführlichkeit ging er auf die derzeitige Situation der Medienlandschaft in Österreich und den Zusammenhang von Medien, Macht und Politik ein. Man brauche nicht Beispiele wie Silvio Berlusconi oder den Medientycoon Rupert Murdoch heranziehen, "die publizistische Gegenwart in Österreich ist verkommen genug", wie Thurnher bemerkte. Politiker und Medien seien durch "Angst und Gier" verbunden, wobei seiner Ansicht nach die österreichische Politik hinsichtlich der Ordnung des Medienmarktes komplett versagt habe.

Gleichzeitig stellte er die Passivität des Publikums an den Pranger: "Warum nehmen wir die korrupten medialen Zustände im Land gleichgültig hin?" Besonderes Augenmerk legte er neben den Boulevardmedien und der Medienunordnung auf den ORF, der "von der Politik und sich selbst ruiniert wird". Die Selbstkommerzialisierung und Argumentationslosigkeit der ORF-Führung hinsichtlich dieser Umstände seien eine Katastrophe. "Der ORF ist nicht zu retten. Außer vielleicht durch sich selbst", so Thurnher, wobei er die "Stärkung seiner Redaktionen" und die Besinnung auf journalistische Qualität sowie den öffentlich-rechtlichen Auftrag als Prioritäten nannte.

Für Kulturstadtrat Mailath-Pokorny trifft die diesjährige Auszeichnung "den Richtigen und keinen ganz Unschuldigen, wenn auch sehr spät". Thurnher habe in seiner oft auch harten Kritik "keine Ressentiments bedient, das ist nicht selbstverständlich". (APA)