Die Debatte um die Neuwahl der ORF-Geschäftsführung ist bereits auf den ersten Metern ins Stocken geraten. SPÖ und ÖVP waren sich am Freitag demonstrativ uneinig darüber, ob die Geschäftsführungsperiode bei allfälligen vorgezogenen Neuwahlen verkürzt werden solle oder nicht. ÖVP-Klubobmann Karlheinz Kopf und Franz Medwenitsch, Leiter des VP-"Freundeskreises" im ORF-Stiftungsrat, verlangten eine Verkürzung der Ende 2011 auslaufenden Geschäftsführungsperiode, SPÖ-Stiftungsrat und "Freundeskreis"-Leiter Niko Pelinka hielt mit dem Verweis auf zusätzliche Kosten dagegen. Ablehnend reagierte auch SPÖ-Klubchef Josef Cap.
Wie die APA aus Stiftungsratskreisen erfuhr, ist derzeit ein Brief an die Klubobleute der Parlamentsparteien in Arbeit, in dem diese um die notwendigen gesetzlichen Schritte ersucht werden. "Es ist die Meinung der überwiegenden Mehrheit der Stiftungsräte, dass man hier aktiv werden sollte", sagte VP-Stiftungsrat Medwenitsch der APA. Er legte sich bereits auf eine der beiden Varianten fest: "Aus meiner Sicht ist die einzige Lösung eine Verkürzung der Funktionsperiode und sofortige Neuwahlen." Der ORF sei "massiv destabilisiert - die Geschäftsführung zerbröselt."
ÖVP-Klubchef Kopf unterstützte Medwenitschs Forderung. Er könne "keinen Sinn darin erkennen, bloß die Wahl um ein paar Monate vorzuziehen, die alte Geschäftsführung dann aber noch fast ein Jahr im Amt zu belassen, statt dass die neubestellte Geschäftsführung gleich aktiv werden kann", so Kopf.
"Verkürzung nicht vorstellbar"
SPÖ-Klubobmann Cap schloss dies aus: "Eine Verkürzung der Geschäftsführungsperiode ist nicht vorstellbar. Man kann durchaus statt sechs Monaten dem Stiftungsrat die Neuwahl zwölf Monate vor Ablauf der Geschäftsführungsperiode zur Disposition stellen." Nachsatz: "In der Wirtschaft ist das ja auch so." Voraussetzung sei aber "eine breite Mehrheit". Konkret: "Am besten alle Parlamentsparteien, aber mehr als drei sollten es schon sein", meinte Cap.
Ähnlich der rote Stiftungsrat Pelinka: Er hielte die "vorzeitige Beendigung der Funktionsperiode für nicht sinnvoll", da dies dem ORF Millionenbeträge kosten würde. "Es würde bedeuten, dass jedes Mitglied der bisherigen Geschäftsführung bis Ende nächsten Jahres volle Bezüge kassiert und spazieren geht. Wir haben eine voll handlungsfähige Geschäftsführung und die soll ihre Verträge auch erfüllen." Er vermutet hinter dem ÖVP-Vorstoß den Versuch "Alexander Wrabetz, Richard Grasl, Karl Amon, Thomas Prantner und Wolfgang Lorenz anzupatzen." Bei der Abwahl von ORF-Infochef Elmar Oberhauser habe die ÖVP noch mit den hohen Kosten argumentiert, so Pelinka. "Das wirkt doch recht doppelbödig."
Sollten sich die Parlamentsklubs doch einig werden, wäre per Initiativantrag im Nationalrat noch ein Beschluss im heurigen Jahr möglich. Nach heutigem Stand letzter Termin im Plenums-Fahrplan ist der 22. Dezember. Die Chancen auf eine rasche Einigung quer über die Parteigrenzen hinweg, scheinen nach den Wortmeldungen vom Freitag aber gesunken zu sein. (APA)