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Rudolf Mayer vertritt jenen Angeklagten im Israilow-Prozess, der angibt, mit Präsident Ramsan Kadyrow befreundet zu sein. Jetzt versucht Mayer, mit Kadyrow direkt Kontakt aufzunehmen.

Foto: Reuters/HO

Nun wird versucht, ihn zu einer Befragung per Videoschaltung einzuladen.

Wien – Der Hauptangeklagte Otto K. hatte ja erklärt, er sei mit dem tschetschenischen Präsidenten quasi auf du und du. "Freundschaftlich und eng" sei er mit Ramsan Kadyrow verbunden; er kenne ihn "persönlich sehr gut". Und die Staatsanwaltschaft hegt den Verdacht, dass Präsident Kadyrow persönlich die Ermordung von Umar Israilow in Wien angeordnet haben könnte. Otto K. ist als mutmaßlicher Drahtzieher des Mordanschlags auf Israilow angeklagt.

Und so kam es am Freitag dazu, dass sich der vorsitzende Richter im Israilow-Prozess, Landesgerichtspräsident Friedrich Forsthuber, an den Verteidiger von Otto K. wandte – Rudolf Mayer. "Falls die guten Kontakte vorhanden sind, rege ich eine Videokonferenz mit Präsident Kadyrow an. Das würde uns einen unmittelbaren Eindruck verschaffen, der mit einer Einvernahme im Rechtshilfeweg nicht annähernd zu erreichen wäre", so Forsthuber. Rudolf Mayer ist keiner, der ein derartiges Ansinnen für unmöglich hielte: Er wolle über die Verwandten seines Mandanten versuchen, in Kontakt mit Präsidenten Kadyrow zu treten, versicherte er gleich.

Es eilt jedenfalls nicht. Da der straffe Prozessfahrplan durch die langen Einvernahmen der drei Angeklagten bereits gehörig außer Tritt geraten ist (der Standard berichtete), wurden am Freitag vom Vorsitzenden gleich vier zusätzliche Verhandlungstage anberaumt. Mit einem Urteil ist daher nicht vor Ende Jänner zu rechnen.

Nachdem dies alles geklärt war, konnte die Befragung des Drittangeklagten, Turpal-Ali Y., fortgesetzt werden. Ihm wirft die Staatsanwaltschaft vor, am 13. Jänner 2009 gemeinsam mit Letscha B. versucht zu haben, Umar Israilow in Wien zu entführen – und da sich jener heftig wehrte, sei er auf offener Straße regelrecht exekutiert worden. Das Motiv für diesen Auftrag, laut Anklage: Israilow hatte den Präsidenten Kadyrow wegen angeblicher Folterungen beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte angezeigt.

Turpal-Ali Y. blieb auch am Freitag dabei: Er habe von nichts gewusst, sei nur gebeten worden, nach Floridsdorf zu kommen, habe aber nicht gefragt, warum. Ein Augenzeuge berichtete allerdings am Freitag, er habe Männer gesehen, die Israilow in der Leopoldauer Straße nachgelaufen seien. Der eine habe weiße Socken über seine Hosenbeine gezogen gehabt. Auf einem Überwachungsvideo von diesem Tag ist Turpal-Ali Y. mit weißen Socken über der Hose zu sehen.

DNA aus zweiter Hand

Für Aufsehen sorgte dann noch die DNA-Expertin Christina Stein, als sie ihr Gutachten zu den Tatort-Spuren vortrug: Denn sie habe von der Polizei keine am Tatort sichergestellte Gegenstände erhalten – sondern nur sogenannte Abriebprofile. Dass Stein nicht einmal den sichergestellten zerknüllten Plastiksack bekam, mit dem Israilow möglicherweise vor der Ermordung geknebelt wurde, ist für Richter Forsthuber vollkommen unverständlich: "Ich rege an, dass die Polizei Beweismittel zukünftig zu einer DNA-Analyse direkt übergibt – sofern es sich dabei nicht gerade um einen Lkw handelt."

Der Prozess wird kommende Woche im Wiener Straflandesgericht fortgesetzt. (Roman David-Freihsl, DER STANDARD-Printausgabe, 20./21.11.2010)