Grafik: STANDARD

Wien - Rund 1,5 Millionen Österreicher wollen sich ihre spätere Pension über die staatlich geförderte Zukunftsvorsorge aufbessern. Das Produkt wird seit 2003 von Banken und Versicherungen angeboten, der Staat schießt jährlich bis zu 203 Euro zu.

Von den ursprünglich in Aussicht gestellten Zusatzpensionen seien viele Sparer aber weit entfernt, kritisierten die Wiener Versicherungsmakler am Freitag. Und: Die wenigsten seien von den Anbietern darüber informiert worden, heißt es. Das hat auch der Verein für Konsumenteninformation bereits wiederholt kritisiert - und auch bereits eine Musterklage eingebracht.

Die Versicherungsmakler haben nun eine Studie vom deutschen Institut für Finanz- und Aktuarwissenschaften zur Zukunftsvorsorge erarbeiten lassen. Die zentrale Botschaft von Studienautor Jochen Ruß: Der Gesetzgeber habe Rahmenbedingungen festgelegt, die es unmöglich machen, gute Produkte anzubieten. Gemeint ist damit, dass die Anbieter mindestens 30 Prozent in Aktien investieren müssen, gleichzeitig aber eine Kapitalgarantie abgeben müssen. "Es ist das kleine Einmaleins der Finanzmathematik, dass nicht beides geht", meinte Ruß.

Konstruktionsfehler

Fatal ausgewirkt hat sich dieser Konstruktionsfehler nach dem Börsencrash von 2008. Die Aktienkurse sind in den Keller gerasselt, dennoch muss das eingezahlte Geld garantiert und die Aktienquote eingehalten werden. Das ist eigentlich ein Widerspruch, gelöst wird er in der Praxis durch eine "großzügige" Auslegung des Gesetzes, wie es Ruß nennt.

Zwar werden weiter Aktien gehalten, gleichzeitig werden aber Absicherungsgeschäfte durchgeführt. Steigt beispielsweise eine Aktie um fünf Prozent, sinkt das Gegengeschäft um fünf Prozent - und umgekehrt. Formal hält man damit Aktien, man kann damit aber keinen Gewinn mehr machen. Im Fachjargon spricht man von "ausgestoppten" Verträgen.

Rudolf Mitterndorfer, Obmann der Wiener Versicherungsmakler, schätzt, dass 100.000 bis 400.000 Menschen betroffen sind. Genau wisse man das aber nicht, weil nur wenige Anbieter genaue Daten zur Verfügung stellen würden. Er fordert mehr Transparenz und sieht auch die Finanzmarktaufsicht gefordert.

Die Folgen von ausgestoppten Verträgen wurden von Ruß beispielhaft berechnet. Wer 50 Euro monatlich einzahlt, konnte bei einer angenommenen Verzinsung von neun Prozent pro Jahr ursprünglich mit rund 223.000 Euro nach 40 Jahren rechnen (siehe Grafik). Ist der Vertrag dauerhaft ausgestoppt, bekommt man nur noch knapp 32.000 Euro heraus. Ist der Vertrag nur für zehn Jahre ausgestoppt, reduziert sich die Zusatzpension auf 196.000 Euro. Bei kürzerer Laufzeit fallen die Einbußen geringer aus, bei längerer Laufzeit noch größer. (Günther Oswald, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 20./21.11.2010)