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So sieht der erste Papst aus, der die Benützung von Kondomen gestattet

Foto: Kai Pfaffenbach/ddp/dapd

Die Nachricht von einer Lockerung des strengen Kondom-Verbots hat den Papst am Wochenende in den Lichtkegel medialer Aufmerksamkeit gerückt. Nach Papst Benedikt XVI. gibt es demnach "berechtigte Einzelfälle", in denen die Benutzung eines Präservativs moralisch erlaubt ist.

Die Vatikanzeitung L'Osservatore Romano zitierte am Wochenende aus dem Interview-Buch mit dem deutschen Publizisten Peter Seewald, das am Dienstag im Vatikan vorgestellt wird. "Sich auf Kondome zu konzentrieren, bedeutet eine Banalisierung der Sexualität", zitiert der Osservatore. "Diese Banalisierung ist genau die gefährliche Ursache für viele Personen, die Sexualität nicht mehr als Ausdruck ihrer Liebe zu sehen, sondern nur noch als eine Art Droge, die sie sich selbst verabreichen." Es könne jedoch berechtigte Einzelfälle geben, "wenn etwa ein Prostituierter ein Kondom verwendet, und dies kann ein erster Schritt hin zu einer Moralisierung sein, ein erster Akt von einem Stück Verantwortung, um erneut das Bewusstsein dafür zu entwickeln, dass nicht alles erlaubt ist und man nicht alles tun kann, was man möchte". Das sei aber nicht die "eigentliche Art, das Übel der HIV-Infektion zu besiegen".

"Akt der Güte"

Italienische Zeitungen widmeten dem Thema am Sonntag breiten Raum. Der bekannte katholische Publizist Vittorio Messori sprach von einem "Akt der Güte und der Nächstenliebe". Die Glaubenslehre bleibe unverändert: "Benedikt XVI. spricht ja nicht von einer Benützung des Kondoms zur Verhütung." Italiens bekanntester Immunologe Fernando Aiuti wertete die Äußerung als "ersten wichtigen, wenn auch kleinen Schritt". In dem Buch nimmt der Papst auch zu Themen wie Sextourismus, Drogen, Zölibat und Burkaverbot Stellung.

Auch die Affäre um den rechtsradikalen Bischof und Holocaust-Leugner Richard Williamson war Thema. So sagte der Papst, er hätte 2009 die Exkommunikation Williamsons nicht zurückgenommen, wenn er über dessen Holocaust-Leugnung informiert gewesen wäre. Laut Spiegel soll sich Williamson nun einen rechtsextremen Anwalt für das Berufungsverfahren wegen Volksverhetzung genommen haben.

In einem feierlichen Konsistorium hat Joseph Ratzinger am Samstag im Petersdom 24 neue Kardinäle kreiert. Darunter befanden sich drei deutschsprachige Kirchenvertreter : der Münchner Erzbischof Reinhard Marx, der Augsburger Kirchenhistoriker Walter Brandmüller und der Basler Erzbischof Kurt Koch. Damit wächst das Kardinalskollegium auf den neuen Rekordstand von 203 Mitgliedern. Delegationen aus den Heimatländern feierten die neuen Würdenträger mit lautem Jubel und Beifall. Besonders zahlreich war die von Ministerpräsident Horst Seehofer angeführte bayerische Delegation.

Das dritte von Benedikt XVI. geleitete Konsistorium macht das Kardinalskollegium internationaler, stärkt aber gleichzeitig die Position der Italiener. Sie stellen künftig 48 Mitglieder, von denen 25 zur Papstwahl berechtigt sind. Angesichts der hohen Zahl an Anwärtern konnte der Papst etliche klassische Kardinalssitze nicht berücksichtigen. So müssen die Erzbischöfe von New York, London, Brüssel, Turin, Florenz oder Toledo auf ein nächstes Konsistorium in voraussichtlich zwei Jahren warten. (DER STANDARD Printausgabe, 22.11.2010)