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Arrivederci! Frauenministerin Mara Carfagna kehrt der Regierung Berlusconi den Rücken.

Foto: APA/EPA/ANDREA MEROLA

Sie war Silvio Berlusconis Lieblingsministerin. Jetzt hat sie überraschend ihren Rücktritt angekündigt. Mara Carfagna, einst von der Bild-Zeitung als "schönste Ministerin der Welt" gerühmt, hat genug von den "gehässigen Attacken und Intrigen in der eigenen Partei". Die 35-Jährige, die bei den Wahlen in ihrer Heimatregion Kampanien die meisten Stimmen erhalten hat, will dort den Camorra-verdächtigen Parteichef Nicola Cosentino nicht mehr dulden. Parteiinterne Gegner wie Duce- Enkelin Alessandra Mussolini werfen ihr deshalb "Verrat" vor und unterstellen ihr die Absicht, zu Finis Partei Futuro e Libertà überzuwechseln.

Vergeblich versuchte der beim Nato-Gipfel in Lissabon weilende Ministerpräsident Berlusconi, die Gleichstellungsministerin in einem langen Telefongespräch von ihrer Entscheidung abzubringen. Dem neapolitanischen Tagblatt Mattino erklärte sie am Sonntag, sie werde der Regierung am 14. Dezember das Vertrauen aussprechen und anschließend als Ministerin, Abgeordnete und Parteimitglied zurücktreten. Eine politische Karriere interessiere sie nicht. Die Regierungspartei PDL, klagte Carfagna, sei "in der Hand von Geschäftemachern und regionalen Oligarchien".

"Opfer von Friendly Fire"

Der Aufstieg des ehemaligen Showgirls zur Ministerin hatte 2008 in den Medien zahlreiche Gerüchte ausgelöst. Doch die zunächst verspottete Juristin setzte in Italien ein Anti-Stalking-Gesetz durch und erntete für ihren Einsatz zunehmend Lob von Frauen- und Schwulenorganisationen. Zuletzt rügte sie Berlusconi sogar öffentlich für dessen "Lieber Frauenheld als schwul"-Sager. Umweltministerin Stefania Prestigiacomo beklagte, Carfagna sei "ein Opfer von Friendly Fire" geworden. Das Rechtsblatt Libero brandmarkte die Entscheidung der Ministerin als "Rache des Engels".

Nach dem Rücktritt der fünf Gefolgsleute Finis aus der Regierung stellt Carfagnas Abgang für den angeschlagenen Premier zweifellos einen weiteren Rückschlag dar. Doch kann sich Berlusconi mit der konkreten Aussicht trösten, auch das Misstrauensvotum in der Kammer zu gewinnen. Kaum ein Tag, an dem sich in der Abgeordnetenkammer nicht ein neuer Überläufer findet. Beobachter halten es nunmehr für sicher, dass der Cavaliere in beiden Flügeln des Parlaments die Mehrheit erreichen wird. Damit wären die erwartete Regierungskrise und der Rücktritt des Premiers hinfällig.

Bossi: Gewinnen Wahl locker

Die seit Monaten gelähmte Regierung könnte einfach weitermachen. Zwar fordert die Lega Nord Berlusconi auf, auch im Falle eines Sieges zurückzutreten und den Weg zu Neuwahlen freizumachen. Umberto Bossi : "Die gewinnen wir locker." Das gilt freilich nur für die Lega. Berlusconis Volk der Freiheit liegt derzeit mit 27 Prozent zehn Punkte unter dem Ergebnis der Parlamentswahlen von 2008. Nach einer neuen Umfrage liegen Rechts- und Linksbündnis mit je 39 Prozent erstmals fast gleichauf. Das verdankt die Linke keineswegs dem Partito Democratico, sondern dessen Verbündeten: Antonio DiPietros Italien der Werte und die Ökolinke des apulischen Präsidenten Niki Vendola können nach jüngsten Umfragen mit je sieben Prozent rechnen.

Den Cavaliere kann das nicht irritieren: "Ich gewinne die Wahl auch ohne Gianfranco Fini locker. Mit 56 Prozent verfüge ich über den höchsten Sympathiewert eines Regierungschefs in Europa." (DER STANDARD Printausgabe, 22.11.2010)