Ginseng und Quinoa gegen innere Unruhe, für das Immunsystem Vitamin C und gegen Muskelbeschwerden Magnesium: Tausende Österreicher versuchen täglich mit einem Armentarium an Vitalstoffen ihren unspezifischen Stress-Symptomen beizukommen. Die Nahrungsergänzungsmittelindustrie reibt sich die Hände und bringt ständig neue Produkte auf den Markt. 

Muss sie auch, denn zumeist stellen Konsumenten fest, dass sich Symptome wie Erschöpfung, depressive Verstimmung, Infektanfälligkeit oder Konzentrationsstörungen kein bisschen bessern. Die Konsultation eines Arztes kommt den Betroffenen eher selten in den Sinn. Bedauerlich, denn in den vielen Fällen fehlt es den Patienten nur an einem: Eisen.

Langstreckernläuferinnen und chronisch Kranke

Jeder dritte Mensch weltweit leidet an einem Eisenmangel. In Österreich wird das Krankheitsbild von den Betroffenen schnell als Stresserscheinung, Vitaminmangel oder vorübergehende Immunschwäche abgetan und bleibt somit undiagnostiziert und unbehandelt. Die weite Verbreitung des Eisenmangels wird mit einem Blick auf die Risikogruppen besonders deutlich. Dazu zählen unter anderem Frauen im Menstruationsalter, während einer Schwangerschaft und der Stillzeit. Kindern im Wachstum, Vegetariern, Langstreckenläufern und chronisch kranken Menschen, ist die so genannten Sideropenie ebenfalls sehr vertraut.

Wer also männlich und eher unsportlich ist, keine Entzündung im Körper hat und gerne Fleisch isst, braucht sich in punkto Eisenmangel wahrscheinlich keine Gedanken zu machen. Es drängt sich aber die Frage auf, warum das Defizit eines einzigen Spurenelementes so viele ungünstige Auswirkungen auf den menschlichen Organismus besitzt. Die Antwort liegt in seiner Multitaskingfähigkeit. Zum einen sorgt Eisen, gebunden an den roten Blutfarbstoff (Hämoglobin) der roten Blutkörperchen (Erythrozyten), für eine ausreichende Sauerstoffversorgung im Körper. Darüber hinaus speichert es den Sauerstoff in der Muskulatur und beteiligt sich an enzymatischen Prozessen, sowie an der Herstellung verschiedener Botenstoffe.

Speicher überbrückt Engpässe

Zu wenig von dem kostbaren Gut beeinträchtigt die Bildung von Hämoglobin, wodurch es zu einer Anämie (Blutarmut) kommt. Die Konsequenzen sind mitunter drastisch, denn ohne ausreichende Sauerstoffversorgung gehen menschliche Zellen irreversibel zugrunde. Deshalb, und weil der Darm nur zehn bis 30 Prozent des mit der Nahrung aufgenommenen Eisens resorbiert, findet sich in Milz und Leber ein Speicher, der vorübergehende Engpässe hilfreich überbrückt. In dieser Phase der Kompensation zeigen sich bereits Symptome wie spröde Haare und Nägel, trockene Haut und rissige Mundwinkel. Reduziert sich die Zahl der sauerstofftragenden roten Blutkörperchen weiter, dann kommt es zu einer Anämie, die mit Müdigkeit, verminderter Leistungsfähigkeit, Blässe und Anfälligkeit für Infektionskrankheiten einhergeht.

Ein gesunder menschlicher Organismus enthält insgesamt drei bis sechs Gramm Eisen und verliert täglich etwa zwei Milligramm über den Stuhl. Menstruation, Operationen und verschiedene Sportarten, wie das Laufen, bei dem der Druck auf die Fußsohlen die roten Blutzellen zerschmettert, können diese Verluste, wie erwähnt, noch erheblich steigern. 

Mit eisenhaltigen Lebensmitteln, wie Schweine- oder Rinderleber, Blutwurst und Hülsenfrüchten lässt sich ein mildes Defizit bereits wirksam verkleinern. In Verbindung mit einem Glas Orangensaft noch viel mehr, verbessert doch Vitamin C die Eisenresorption im Gastrointestinaltrakt.  Ist der Mangel schwerer, dann bringen Eisentabletten oder auch einmalige Eiseninfusionen die Lebenskraft erfolgreich zurück. (Sigrun Schandl*, derStandard.at, 22.11.2010)