Schafft sich Österreich ab? Kein Geld mehr für selbstfinanzierende Investitionen, nur noch für Milliarden Konsumschulden, vor allem hochsubventionierte Frühpensionsparadiese? Budget ist politischer Wille in Zahlen. Die Regierung will 71 der den Unis rückerstatteten 80-Millionen-Kürzung außeruniversitären Instituten wegnehmen - und so viele liquidieren.

Was die Forschung außerhalb der hohen Schulen in Österreich tsunamiartig verwüsten wird ist ein winziger Bruchteil dessen, um was man sich zu den budgetierten Frühpensionskosten seit letztem Jahr verrechnet hat – rätselhafte Milliarden Mehrkosten, kamma nix machen. Jeden Tag 2011 wird das Pensionsloch mehr Abflüsse haben als der Jahresetat aller Basissubventionen für den gesamten Sektor: ein einziger Tag Frühpension ist ein – oder eben kein - Jahr Forschung!

Der Wissenschaftsrat, mehrheitlich noch von schwarz-blau bestellt, hatte vom Vorsitzenden abwärts „pflichtschlagende“ Corps, die Frauen nicht zulassen, fesche Burschenschafter, die keine Ahnung von Forschung haben, aber etwa als Prinzhorn-Protegé Korporationsbälle und Mölzer’s „Zur Zeit“ sponsern. Haben sie cäsarenhaft – Daumen runter – einen „liberalen“ Forschungssektor zu Tode verurteilt? „Strukturbereinigung“ ohne rigorose Evaluation, ein Urteil ohne Verfahren vollstreckt? „Kurzer Prozess“ wie in autoritären Systemen, nicht westlichen Demokratien.

Ja, es gibt eine Art Verschwörung bloß einer handvoll Wissenschaftsfunktionäre, davon eines ewigen Bummel-Rektors um die Ministerin, die internationale Konkurrenz eher vom Hörensagen kennen. Sie sprechen namens der Wissenschaft, die sie längst nicht mehr betreiben von Exzellenz und Strukturbereinigung, der sie sich selbst nicht stellen. Denn gute Forscherinnen sind nie jahrzehntelang Funktionäre, sondern denken und schreiben, statt endlos Klinken zu putzen und herumzuschmusen.

Reden wir Tacheles: Hier geht es um den Vernichtungsfeldzug zweier emeritierter und emeritierungsfälliger alter Herren, die den Lebensraum, den verrottete Universitäten nicht mehr bieten, durch Zerstörung lästiger, teils weit überlegener Konkurrenten außerhalb der Unis erobern wollen – wie entlarvend offen zugegeben wird. Die Prachtbeutestücke will man „filetieren“ und „reintegrieren“, den Rest brandschatzen und den Hahn der Löschfeuer abdrehen. All das hatten wir schon. Doch kann sich irgendwer das IWM oder IHS als Uni-Outlets vorstellen, ohne ihre Seele zu verlieren?

„Kein Artenschutz in der Wissenschaft“ sagt der Vorsitzende. Weit gefehlt: die Unis sind voll geschützter Lahmenten, die auf freier Wildbahn internationalen Forschungsbetriebs und harter „Marktauslese“ nie überleben könnten. Man will die Eliminierung wettbewerbsstärkerer oder teilmarktfähiger Institute und mehr Subventionen für geschützte Werkstätten – ohne jede Evaluation beider.

Eine späte Revanche jener, die schon das “Ford-Institut“ von „den Amis“ nicht mal geschenkt haben wollten und nun alles gleichschalten, was nicht in die Welt von vorvorgestern passt? Erfolgreiche Länder gehen seit 50 Jahren genau den umgekehrten Weg massiver Förderung außeruniversitärer Forschung und organisierten Pluralismus. (Bernd Marin, DER STANDARD, Printausgabe, 23.11.2010)