Ari Folmans Erinnerungen an den ersten Libanonkrieg. "Waltz with Bashir" wurde mit César und Golden Globe ausgezeichnet.

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26 Hunde fletschen die Zähne: Höllengeburten, die sich im Rudel aufstellen und ein Opfer fordern. Ein Entkommen für den Mann, der vom Fenster aus auf die kläffende Meute schaut, scheint ausgeschlossen. Es sei denn - ja, es ist ein Traum. Immer wieder derselbe.

In Waltz with Bashir verarbeitet der israelische Regisseur Ari Folman seine Kriegsvergangenheit im Libanon 1982. In Gesprächen befragt er Kameraden von damals nach Erinnerungen, die ihm selbst im Posttrauma verloren gegangen sind. Boaz, der von den wütenden Hunden träumt, erschoss in einem palästinensischen 26 von ihnen, weil sie durch ihr Gebell die Aufmerksamkeit auf sich gezogen hätten. "Sonst wären welche von uns drauf gegangen" , erklärt er.

Vier Jahre arbeitete Folman an seinem autobiografischen Animationsfilm. Zu den Originalstimmen stellt er die Bilder der Erzählungen und Rückblenden von den Kriegseinsätzen. Dass er sich des Stilmittel des Comics bedient, intensiviert die Bildhaftigkeit seiner Erinnerungen, die nicht in realen Bildern wieder gegeben werden können. Waltz with Bashir wurde mit César und Golden Globe ausgezeichnet.

"Film ist besser als jede Psychotherapie"

Die Gedächtnislücken Folmans lösten eine Debatte aus: Er hatte nicht nur den Krieg verdrängt, sondern die israelische Mitschuld, vor allem am Massaker von Sabra und Schatila zwischen 16. und 18. September 1982, als libanesische Phalange-Milizen aus Rache für ein Attentat, bei dem ihr Anführer, Präsident Bashir Gemayel ums Leben kam, ein Blutbad in zwei palästinensischen Flüchtlingslagern bei Beirut anrichteten.

Folman verstand den Film als Bericht der persönlichen Erfahrung und nicht als politisches Statement: "Film ist besser als jede Psychotherapie", sagte er. Für den Anschlag waren vermutlich nicht Palästinenser, sondern der syrische Geheimdienst verantwortlich. Zwischen 1000 und 3000 Menschen wurden ermordet, die meisten waren Zivilisten. Das israelische Militär duldete die Morde. Der damalige Verteidigungsminister und spätere Ministerpräsident Ariel Sharon musste danach zurücktreten.

Ari Folmans Erinnerungen an den ersten Libanonkrieg. "Waltz with Bashir" wurde mit César und Golden Globe ausgezeichnet. (Doris Priesching, DER STANDARD; Printausgabe, 23.11.2010)