In drei Wochen werden die EU-Staats- und Regierungschefs die Weichen für eine Reform des EU-Vertrages stellen. Sie soll Finanzhilfe der Euro-Zone für in Zahlungsnot geratene Mitgliedsländer erlauben. Wie das EU-rechtlich ablaufen könnte, darüber haben am Montag die EU-Außenminister beraten - nicht zuletzt, weil im Rechtsverfahren auch die nächste EU-Erweiterung davon betroffen sein dürfte.

Bisher ist finanzielle Nothilfe (Bail out) für konkursgefährdete Staaten gemäß Lissabon-Vertrag verboten. Durch eine "kleine" Korrektur soll das in Notfällen möglich sein, wenn die gesamte Eurozone in Gefahr gerät. Deutschland besteht darauf, private Gläubiger an den Kosten zu beteiligen.

Vorgesehen ist nun, diese Vertragsänderung mit einem "verkürzten Verfahren" zu machen, sodass weder Volksabstimmungen noch eine Mitentscheidung des EU-Parlaments nötig wären. Darüber bestehe Einigkeit, berichtete Österreichs Chefdiplomat Michael Spindelegger.

Er räumte ein, dass das bis in die letzten Details erst noch ausverhandelt werden müsse, auch, um eine Verzögerung des EU-Beitritts von Kroatien zu verhindern. "Wir legen Wert darauf, dass Kroatien nicht das Bauernopfer einer solchen Vertragsänderung wird" , sagte der Außenminister. Genau das könnte durch eine "Verfahrenstechnik" geschehen, um Referenden (und ein mögliches Scheitern in einem Land) im Zuge der Vertragsratifizierung zu vermeiden. Die Reform soll an die Ratifizierung des Beitrittsvertrages von Kroatien geknüpft werden, das 2011 abschließen dürfte.

Dafür gibt es ein Vorbild: Ende 2009 wurde vereinbart, dass die Ausnahmeprotokolle für Irland zum Lissabon-Vertrag (die nach der negativen Volksabstimmung zugestanden wurden) und für Tschechien (Ausnahme von der Grundrechtscharta) mit dem Beitritt Kroatiens mitratifiziert werden. Diplomaten befürchten, dass Kroatien "hängenbleibt" , sollte es Probleme geben. Spindelegger wünscht sich "möglichst ein getrenntes Verfahren" für Zagreb.

Apropos Grundrechte: Um Verstöße gegen sie ging es auch beim Gipfel EU-Ukraine in Brüssel. Die Union verlangt von der Regierung in Kiew, Presse- und Versammlungsfreiheit zu garantieren, Repressionen gegen die Opposition zu bekämpfen. Dafür macht sie Hoffnung, dass für die Ukraine bis Ende 2011 die Visapflicht abgeschafft wird. Präsident Viktor Janukowitsch stellte eine Reihe innerer Reformen in Aussicht.

Spindelegger mahnte im Außenministerrat ein, dem Thema der Christenverfolgungen im Irak mehr Augenmerk zu schenken. (Thomas Mayer aus Brüssel/DER STANDARD, Printausgabe, 23.11.2010)