Bild nicht mehr verfügbar.

Geht es nach der ExpertInnengruppe, sollen Lehramtsstudierende künftig bereits nach erfolgreichem Abschluss des Bachelors in den Lehrberuf einsteigen können.

Foto: APA/Harald Schneider

Anfang 2009 setzten Unterrichtsministerin Claudia Schmied und der damalige Wissenschaftsminister Johannes Hahn eine ExpertInnengruppe, die zentrale Eckpunkte für eine moderne Ausbildung für Lehrerinnen und Lehrer erarbeiten sollte, ein. Im Dezember desselben Jahres präsentierte diese Gruppe ihre Vorschläge für das Projekt "LehrerInnenbildung Neu. Die Zukunft der pädagogischen Berufe", seit März 2010 liegt der 92seitiger Endbericht vor. Unter BildungsexpertInnen und jenen Institutionen, die LehrerInnen ausbilden, sorgt er für rege Diskussion - und viel Kritik.

Nachhaltige Verbesserung?

Außer Frage steht, dass eine Reform der LehrerInnenbildung nicht nur erwünscht, sondern dringend nötig ist und die Ausbildung der nächsten LehrerInnengeneration auf ein hochwertigeres Niveau gehoben werden muss. Ob die von der ministeriell eingesetzten ExpertInnengruppe ausgearbeiteten Empfehlungen eine nachhaltige Verbesserung in der Ausbildung zukünftiger LehrerInnen - und somit auch eine Qualitätssteigerung im Unterricht - bewirken werden, wird jedoch von vielen Seiten angezweifelt.

Niveau- und Qualitätsverlust?

Geht es nach der ExpertInnengruppe, sollen Lehramtsstudierende künftig bereits nach erfolgreichem Abschluss des Bachelors in den Lehrberuf einsteigen können. In welchen Bereichen diese „AssistenzlehrerInnen" mit dem akademisch niedrigsten Abschluss eingesetzt werden sollen, wird im Endbericht jedoch nicht weiter konkretisiert. Im Vorhaben, die Berufsfähigkeit für LehrerInnen der Sekundarstufe (die Sekundarstufe beginnt nach Abschluss der Volksschule) bereits mit dem Bachelor-Abschluss zu erteilen, orten das Fachdidaktische Zentrum Deutsch und das Institut für Germanistik der Universität Wien "einen eklatanten Rückschritt gegenüber der derzeitigen LehrerInnenbildung", wie es in einer gemeinsamen Stellungnahme heißt. Sie befürchten einen „Niveauverlust in der LehrerInnenausbildung", der auch einen "Qualitätsverlust im Unterricht" zur Folge hätte. "Anstatt das Niveau der bestehenden LehrerInnenbildung durch verkürzte Studiengänge und rasche Studienabschlüsse zu senken, halten wir einen Master-Abschluss für alle LehrerInnen der Sekundarstufe für unbedingt notwendig", betont Stefan Krammer, der das "Fachdidaktische Zentrums Deutsch" leitet.

Kurzstudien wegen LehrerInnenmangel?

In dieselbe Kerbe schlägt die Kritik der uniko, der österreichischen Universitätenkonferenz (wie sich die österreichische Rektorenkonferenz seit 2008 nennt), die sich ebenfalls gegen die Verkürzung von Lehramtsstudien ausspricht. Die uniko warnt davor, aufgrund des prognostizierten LehrerInnenmangels - zwischen 2012 und 2025 werden ungefähr 60.000 LehrerInnen in Pension gehen - eine politische Entscheidung zu treffen, die "den BA-Abschluss für das Unterrichten an einer Schule als ausreichend definiert".

Personalkosten einsparen?

Hinter dem Vorhaben, Studierende nach Abschluss des Bachelors als "AssistenzlehrerInnen" im Turnusmodell einzusetzen, ortet die Österreichische HochschülerInnenschaft (ÖH) in erster Linie die Bestrebung, Personalkosten im Bildungsbereich einzusparen. Kürzungen bei den Bildungsausgaben seien jedoch "der falsche Weg, um defizitäre Staatshaushalte zu sanieren", so Barbara Römisch, Referentin für pädagogische Angelegenheiten der ÖH-Bundesvertretung. Und der Vorstand der ÖFEB, der Österreichischen Gesellschaft für Forschung und Entwicklung im Bildungswesen, hält fest, dass die Schaffung zweier LehrerInnentypen (Assistenz- und Volllehrkräfte) die Gefahr eines Niveau- und Lohndumpings mit sich bringe.

Sinnvolle Zusammenlegung?

Für massive Kritik sorgt auch der im ExpertInnenbericht ausgeführte Vorschlag, wonach künftig die Universitäten und die Pädagogischen Hochschulen die Ausbildung angehender LehrerInnen der Sekundarstufe zusammen verantworten sollen. VertreterInnen der Unis fürchten, dass es durch die Zusammenlegung beider Institutionen zu einem enormen Qualitätsverlust in der fachwissenschaftlichen und fachdidaktischen Ausbildung künftiger LehrerInnen kommen könnte. "Weit mehr, als es die Pädagogischen Hochschulen leisten können, bieten wir sowohl in fachlicher als auch in didaktischer Hinsicht eine profunde theorie- und forschungsgeleitete Ausbildung künftiger LehrerInnen", sagt Stefan Krammer, Leiter des Fachdidaktischen Zentrums Deutsch und fordert, dass die künftige LehrerInnenausbildung für die Sekundarstufe "noch stärker als bisher" an den Unis verankert werden muss. (Meri Disoski, daStandard.at, 22. November 2010)