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An den Details für die Hilfe wird wohl noch einige Tage gefeilt werden.

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Dublin - Ministerpräsident Brian Cowen hält trotz Forderungen nach einem sofortigen Rücktritt an seinem Amt fest. Im Interesse des Landes wolle er das Sparbudget durchs Parlament bringen und im Jänner Neuwahlen ausrufen, sagte Cowen am Montagabend. Das von tiefen Einschnitten geprägte Budget ist die Voraussetzung für ein milliardenschweres Rettungspaket, das die Regierung des hoch verschuldeten Landes nach langem Gezerre bei EU und IWF beantragt hatte. "Es ist zwingend erforderlich für dieses Land, dass das Budget verabschiedet wird", sagte Cowen. "Es ist sehr wichtig, dass die Leute verstehen, dass jede weitere Verzögerung in dieser Angelegenheit die Position des Landes schwächt." Die Regierung will das Budget für das kommende Jahr demnach am 7. Dezember vorlegen, die Abgeordneten werden dann im Jänner darüber abstimmen. Neuwahlen könnten voraussichtlich frühestens im Februar oder März stattfinden.

Neuwahlen für die Gewissheit

Cowens grüner Koalitionspartner hatte zuvor vorgezogene Neuwahlen in der zweiten Jänner-Hälfte gefordert. Grünen-Chef John Gormley sagte, Neuwahlen würden politische Gewissheit schaffen. Die Bürger fühlten sich "getäuscht und verraten". Cowens wirtschaftsliberale Fianna-Fáil-Partei regiert mit den Grünen und der Unterstützung von Parteilosen. Die Regierung hat derzeit nur eine knappe Mehrheit von drei Stimmen im Unterhaus. Die Grünen stellen sechs Abgeordnete.

Cowens Koalition steht wegen des massiven Sparprogramms unter Druck, das die Regierung im Gegenzug für das bis zu 90 Milliarden Euro schwere Rettungsprogramm von EU, Europäischer Zentralbank (EZB) und Internationalem Währungsfonds (IWF) auflegen muss. Cowen will die Ausgaben in den kommenden Jahren um zehn Milliarden Euro drücken und die Einnahmen durch Steuererhöhungen um fünf Milliarden Euro steigern. Erwartet wird, dass der Mindestlohn gesenkt, Sozialausgaben gekürzt, das Personal im öffentlichen Dienst reduziert sowie die Einkommensteuer angehoben wird. Details sollen am Mittwoch bekanntgegeben werden.

Stabilisierung des Euro - harte Bedingungen

Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) verteidigte am Abend die geplanten Hilfen für Irland: Es handle sich um einen Beitrag zur Stabilisierung des Euro. Die Verhandlungen mit der Regierung in Dublin über die Ausgestaltung des Rettungspakets werden laut Merkels Angaben "noch einige Tage dauern". Zuvor hatte der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) einmal mehr betont, die Hilfen sollten an "strenge Auflagen" gekoppelt werden. Die EU machte ihrerseits Druck auf Dublin, das Sparprogramm zu verschärfen und unpopuläre Steuererhöhungen auf den Weg zu bringen. "Es ist wahrscheinlich, dass Irland kein Niedrigsteuerland mehr sein wird", sagte der Sprecher von Wirtschaftskommissar Olli Rehn. In die nämliche Kerbe schlägt der deutsche EZB-Chefvolkswirt Jürgen Stark, der davon ausgeht, dass sich Irland auf harte Bedingungen für Kredite seiner europäischen Partner und des IWF einstellen müsse. Er sehe in Irland noch Raum für eine weitere Budgetkonsolidierung, betonte der EZB-Chefvolkswirt. In der Steuerpolitik sollte es nach seiner persönlichen Auffassung innerhalb der Europäischen Union in wichtigen Bereichen Bedingungen geben, die den wirtschaftlichen Wettbewerb nicht verzerrten.

Für den Geschäftsführer der deutsch-irischen Handelskammer in Dublin, Ralf Lissek, gefährde eine Erhöhung der Körperschaftssteuer das Geschäftsmodell Irland. Die niedrige Steuer habe Unternehmen aus aller Welt angezogen, sagte Lissek in einem Interview. "30 Prozent des irischen Bruttoinlandsproduktes werden von Investoren aus dem Ausland kreiert", sagte er. Das Modell würde nach seiner Auffassung woanders nicht funktionieren, weswegen er den Dumpingvorwurf anderer Euro-Länder für nicht gerechtfertigt hält. "Irland ist das einzige Land, in dem man mit Euro bezahlen kann und in dem Englisch gesprochen wird", beschrieb er mit Blick vor allem auf US-Investoren. Ferner träfen Unternehmen aus dem Ausland in Irland auf hoch qualifizierte Arbeitskräfte, oft mit universitärer Ausbildung - gerade in technisch ausgerichteten Sparten ein enormer Vorteil.

Prüfung

Rehn hatte indes davor betont, dass die Krise in Irland "negative Auswirkungen auf den Euro" habe. Was die Irland-Hilfe betrifft, werde nun die steuerliche Situation in Irland "entschlossen geprüft", ebenso die Kapitalerfordernisse im Bankensektor. Dabei fügte Rehn hinzu, dass "um bankwirtschaftlich umfassende Maßnahmen zu ermöglichen, eine Umstrukturierung notwendig ist". Von höheren Unternehmenssteuernwill der irische Finanzminister Brian Lenihan weiterhin nichts hören. "Es gibt derzeit keinen direkten oder indirekten Druck wegen unserer Unternehmensteuer-Sätze. Die Mehrheit ausländischer Direktinvestitionen in Irland kommt nicht aus EU-Staaten. Um diese Investments konkurrieren wir nicht mit anderen EU-Staaten, sondern mit dem Fernen Osten.", so Lenihan, der gestern ungerührt von den Turubulenzen einen Flughafen eröffnete.

Lenihan betonte zudem, dass Irland nicht bankrott sei. "Wir haben 22 Milliarden Euro an Reserven und einen Rentenfonds mit 25 Milliarden Euro. Außerdem ist Irland nicht in einer Rezession. Die angefragte Unterstützung soll zeigen, dass Irland im Falle des Falles über weitere Möglichkeiten verfügt, sich zu finanzieren. Und es könnte gut sein, dass diese Möglichkeiten nicht voll ausgeschöpft werden." Lenihan zeigte sich zuversichtlich, dass Irland alle aufgenommenen Kredite zurückzahlen könne. Lenihan: "Irland ist dankbar für die Hilfe und wird die Kredite zurückzahlen." Die irische Handelsbilanz werde 2011 ein kleines Plus aufweisen. Das bedeute, "dass die irische Wirtschaft insgesamt die internationalen Schulden zurückbezahlt".

Märkte bleiben misstrauisch

Die Wirkung des Rettungspakets ist indes bereits gestern wieder verpufft. Euro und Börsen gingen mit einem Minus in den Abend und startete nicht wesentlich besser gelaunt in den Tag (siehe dazu die Marktberichte). Die Aktien irischer Banken haben am Dienstag ihre Talfahrt fortgesetzt. Angesichts der Unsicherheiten, ob die Regierung ihren Sparplan überhaupt durch das Parlament bekommt, gingen Investoren auf "Nummer Sicher" und verkauften ihre Anteile, sagten Händler.

Die Absicherung eines irischen Kredits gegen Zahlungsausfall ist am Dienstag wieder teurer geworden. Die fünfjährigen Credit Default Swaps (CDS) stiegen nach Angaben des Datenanbieters Markit um 26 auf 555 Basispunkte. Das heißt, zur Absicherung eines zehn Mio. Euro schweren Kredits auf fünf Jahre mussten Anleger 555.000 Euro bezahlen. Portugiesische CDS verteuerten sich demnach um 15 auf 470 Basispunkte. Gleichzeitig zogen die von Investoren geforderten Risikoaufschläge an. Für zehnjährige irische Anleihen kletterten die Spreads zur vergleichbaren Bundesanleihe um fünf auf 576 Basispunkte an. Die Spreads der portugiesischen Papiere zogen um zehn auf 429 Basispunkte an.

Die Anleger sind nicht davon überzeugt, dass mit der Hilfe für Irland nun einen Schlussstrich unter die Haushalts- und Bankenprobleme vieler EU-Länder gezogen wird. "Die Märkte gucken noch immer, wer als nächstes dran ist: Portugal oder Spanien?", sagte der Anleihehändler Charles Berry von der Landesbank Baden-Württemberg. Für ihn war die Antwort klar: "Viele wirtschaftliche Kennziffern aus Portugal sind sogar schlechter als die irischen. Man muss also kein Prophet sein, um zu sagen, dass Portugal als nächstes mehr Geld brauchen wird."

 

Spanische Anleihen unter Druck

Eine schwächere Nachfrage nach kurzlaufenden Anleihen Spaniens hat den Druck für das verschuldete Euro-Land am Dienstag verschärft. Nach der Auktion drei- und sechsmonatiger Staatspapiere gerieten die Kurse der zehnjährigen spanischen Staatsanleihen massiv unter die Räder. Die Renditen zogen weiter in Richtung fünf Prozent an, nachdem vor allem die Nachfrage nach dreimonatigen Papieren trotz einer höheren Rendite gegenüber der letzten Auktion im Oktober nachließ.

Spanien hatte insgesamt Anleihen über 3,255 Mrd. Euro verkauft - deutlich unter den Erwartungen der Regierung von 4 Mrd. Euro. "Eine Rendite von 2,11 Prozent ist nicht schlecht, aber verglichen mit der vorigen Auktion zeigt das, dass die Lage für Spanien brenzliger wird", erklärte Commerzbank-Stratege David Schnautz.

Auch die Börsen in Europa haben am Dienstag einheitlich mit Verlusten tendiert. Sowohl der DAX, der FT-SE-100 in London oder auch der Wiener ATX zeigten sich angesichts der Umfeldes wenig freundlich. Die Befürchtungen um ein Übergreifen der Schuldenkrise auf weitere Staaten belasteten auch den Euro weiter. Spanien wies unterdessen Vergleiche mit Irland zurück. (Regina Bruckner, derStandard.at, 23.11.2010)