Jerusalem / New York / Wien - Die Frage, ob die direkten Gespräche zwischen Israel und den Palästinensern wieder aufgenommen werden, steuert einer Entscheidung zu. Die israelische Regierung hat noch nicht klar gemacht, ob sie das umfassende US-Anreizpaket, das ihr einen dreimonatigen Siedlungsbaustopp im Westjordanland schmackhaft machen soll, annehmen wird - beziehungsweise verlangt sie die US-Zusagen nun in schriftlicher Form.

Aber die Palästinenser lehnen ohnehin ab, zu diesen Bedingungen wieder in Gespräche einzutreten. Denn das Baumoratorium würde Ostjerusalem ausdrücklich ausschließen.

Für den Fall, dass die Verhandlungen endgültig zusammenbrechen, wollen die Palästinenser eine Resolution im Uno-Sicherheitsrat erreichen, die festhält, dass Israels Siedlungstätigkeit im Westjordanland illegal und zu stoppen sei. "15 Sicherheitsratsmitglieder sind dieser Meinung", sagt der Ständige Beobachter Palästinas bei der Uno in New York, Riyad Mansour, zum Standard. Das heißt: alle, die ständigen und die nichtständigen Mitglieder. Dennoch ist die Resolution keine ausgemachte Sache. Die Frage ist, ob sich die USA enthalten oder ein Veto einlegen würden.

Mansour betont, dass die Palästinenser den Weg über Verhandlungen vorziehen. Die Anzeichen mehren sich jedoch, dass die Palästinenser sich früher oder später zur Anerkennung ihrer Unabhängigkeit an die Uno wenden könnten, wenn es keine Verhandlungslösung gibt. Für den palästinensischen Botschafter ist es ein Paradoxon, dass alle von einer Zweistaatenlösung sprechen und US-Präsident Barack Obama vor der Uno betont, dass er 2011 ein neues Uno-Mitglied sehen wolle - und dennoch Zweifel an der Anerkennung Palästinas bestehen.

Ein israelischer Diplomat in New York beklagt hingegen, dass sich die Palästinenser "keinen Zentimeter bewegt" hätten. Von Anfang an hätten sie auf den von Israel freiwillig eingegangenen zehnmonatigen Baustopp hinabgeschaut und kurz vor dessen Ende begonnen, ihn zu einer Bedingung für Verhandlungen zu machen. Damit wollen sie in der altbewährten Salami-Taktik Yassir Arafats die Israelis zu immer mehr Zugeständnissen zwingen. Premier Benjamin Netanjahu sei mit dem Bekenntnis zu einer Zweistaatenlösung weiter gegangen als jeder Likud-Führer vor ihm - und habe dafür auch bezahlt, mit Popularitätsverlust.

Die von den Palästinensern angestrebte Anti-Siedlungsresolution scheint den Diplomaten, der anonym bleiben wollte, nicht zu schrecken: eine in der "jahrzehntelangen Reihe von antiisraelischen Resolutionen" der Uno, sagt er. "Und wenn es wieder zu Gesprächen kommt, bleibt sie ohnehin in der Schublade." Das streben auch die USA an.

Das US-Paket für den dreimonatigen Siedlungsbaustopp - der ausdrücklich nicht verlängerbar ist - sorgt teilweise auch bei Israels Verbündeten für Kritik. Daniel Kurtzer, früherer US-Botschafter in Israel, schreibt in der Washington Post von "Bestechung" und "Belohnung für schlechtes Betragen". Das Paket inkludiert die Lieferung von zusätzlichen Kampfjets, einen diplomatischen US-Schutzschild für Israel in der Uno, zusätzliche Wirtschaftshilfe - und, wie manche meinen, durch die Ausnahme Ostjerusalems vom Baustopp einen Freibrief für Bautätigkeit auch in Teilen der Stadt, die arabisch sind und wo die Palästinenser ihre zukünftige Hauptstadt sehen. (Gudrun Harrer, STANDARD-Printausgabe, 24.11.2010)