1928 gab es in Österreich etwa 11.000 Autos, die Hälfte davon waren Taxis. 1970 gab es bereits mehr als eine Million Fahrzeuge, 2009 waren es über 4,4 Millionen. Die Zahl der Zulassungen und die damit verbundene Etablierung von Verkehrswegen ist ein Haupteinflussgeber für die Raumstrukturen eines Landes. Das Beispiel, das Gebhard Banko vom Umweltbundesamt bei seiner Präsentation des Land Information Systems Austria, kurz Lisa, am vergangenen Monat im Wiener Haus der Forschung brachte, veranschaulicht, dass sich Nutzung und Bebauung des Landes stärker verändern als die Bewohner wahrnehmen.
Auch künftig wird es substanzielle Veränderungen der Landbedeckung und -nutzung geben. Täglich werden in Österreich an die zehn Hektar Land "verbraucht", also in Infrastruktur-, Gewerbe- und Wohnflächen umgewidmet. Bis 2030 soll, ausgehend von 2005, die Bevölkerung um 19 Prozent wachsen und die Anzahl der Wohnungen um 33 Prozent steigen. Das Wachstum verlangt nach präziseren Daten zu Ausmaß, Art und Ort der Veränderungen, um Planungen zu verbessern.
Mit Lisa wird nun ein Instrument entwickelt, um die dichter werdende Infrastruktur, Grundstückswidmungen, Siedlungsentwicklungen und landwirtschaftliche Nutzung exakt zu beobachten. Das Monitoringsystem soll mithilfe von Satelliten- und Flugaufnahmen, Laserscans und lokal gesammelten, sogenannten In-situ-Informationen detaillierte und verlässliche Datensätze über Bebauung und Nutzung der Landesfläche erstellen und vergleichbar machen. Die Informationen sollen Analysen für einen möglichst breiten Nutzerkreis, vor allem Planungs- und Verwaltungsstellen in Bund und Ländern, möglich machen und die raumplanerische Steuerung verbessern. Hochwassergefahr soll so etwa besser berücksichtigt werden können.
Die Kategorisierungen der Lisa-Daten umfassen bei der Landbedeckung neben Gebäuden, Wasser- und Sandflächen auch Details wie Bewuchs mit Schilf, Gebüsch oder Zwergsträucher. Die kleinste Flächeneinheit beläuft sich auf 25 Quadratmeter, insgesamt gibt es 14 Klassen. Die Landnutzung kennt 25 Klassen: von Siedlung und Acker über Schiene und Parkplatz bis hin zu Almweiden und Feldgehölz.
In einer ersten, nun abgeschlossenen Phase des seit 2009 laufenden Projekts wurden ein mit internationalen Diensten kompatibles Datenmodell geschaffen und Nutzerbedürfnisse erhoben. In der bevorstehenden zweiten Phase soll die Informationsgewinnung über Veränderungen in Landbedeckung und -nutzung in bestimmten Zeitintervallen umgesetzt und Baulandreserven erhoben werden. Die Roll-out-Phase startet 2012. Die Daten werden zwar keine saisonalen Wechsel berücksichtigen, aber Aktualisierungen in Abständen von wenigen Jahren zulassen.
Zwar sind alle Bundesländer als Nutzer mit an Bord, trotzdem gibt es Schwierigkeiten, vor allem in der Vergleichbarkeit der Länderdaten. Durch unterschiedliche Rechtslagen gehen die Länder etwa nicht einheitlich mit Baulandwidmungen um, was Verallgemeinerungen schwierig macht.
An der Erarbeitung des Projekts sind neben Umweltbundesamt und den privatwirtschaftlichen Geoinformationsspezialisten Geoville und Eox das Austrian Institute of Technologie, Joanneum Research, TU Wien, Boku, TU Graz und die FH Wiener Neustadt beteiligt. Das Verkehrsministerium fördert die beiden Phasen des Projekts mit insgesamt ca. 1,9 Millionen Euro. Kartierung und Zusammenführung der Daten für die gesamte Landesfläche kosten etwa acht Millionen Euro. (Alois Pumhösel, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 24. November 2010)