Volker Kitz (links) und Manuel Tusch waren mit ihrer "Frustjobkillershow" zu Gast in Wien.

Foto: Mareike Foecking

89 Prozent aller Beschäftigten sind mit ihrem Job unzufrieden. "Alleine in Deutschland sind das 35 Millionen Menschen", sagt Manuel Tusch und bezieht sich dabei auf eine Gallup-Umfrage, derzufolge 85 Prozent auf der Suche nach einem neuen Arbeitsplatz sind. "Arbeit alleine ist kein Glücklichmacher", resümiert der Businesscoach und Psychologe, und rät: "Hören Sie auf zu jammern." Es bringt ohnehin nichts. Alle Jobs sind im Grunde gleich (schlecht). Bei einem "Erfolgsimpuls-Seminar" präsentierte Manuel Tusch gemeinsam mit Volker Kitz die "Frustjobkiller-Methode"; wie die zwei deutschen Bestsellerautoren ihre "Anleitung zur Jobzufriedenheit" nennen.

Fünf Störfaktoren

Was stört die Leute im Beruf? Laut den Autoren sind es immer die gleichen fünf Punkte, die in unterschiedlicher Intensität die Arbeit vermiesen: Keine adäquate Entlohnung, fehlende Anerkennung, ein zu geringer Gestaltungsspielraum, Monotonie sowie "gestörte Kollegen und Kunden". Vor diesen Problemen kann man nicht fliehen, glaubt Kitz: "Ganz egal, für wen man arbeitet." Er selbst hat sich bereits als Wissenschaftler, Journalist, Drehbuchautor und Lobbyist versucht. Momentan ist der studierte Psychologe und Jurist als Anwalt und Businesscoach tätig.

In puncto Geld ist es nie genug. "Auch Großverdiener jammern", meint Tusch zum ersten beruflichen Störfaktor und argumentiert das mit dem sozialen Aufwärtsvergleich: "Die meisten Menschen wollen einfach mehr verdienen als die anderen." Deutsche Manager etwa würden sich mit ihren Pendants in den USA vergleichen. "Und die", so Tusch, "bekommen das X-Fache für die gleiche Tätigkeit". Das Resultat: Permanente Unzufriedenheit trotz hohen Salärs.

Einer verdient immer mehr

Ein einfacher Beleg dafür sei hier das "Zwei-Welten-Experiment". Probanden müssen sich zwischen zwei finanziellen Welten entscheiden: In der einen verdienen sie 60.000 Euro, der Duschschnittsverdienst liegt bei 30.000 Euro. In der anderen Welt würden sie das Zehnfache, nämlich 600.000 Euro, erhalten. Hier liegt allerdings das Einkommen im Schnitt bei einer Million Euro. Fast alle wollen in der "ersten Welt" leben, so Kitz, denn nicht das absolute Gehalt sei wichtig, sondern dass es über jenem der Mitmenschen liege. Es existiere immer ein Vergleich nach oben: "Aber nur ein Mensch erhält für seinen Job mehr als der ganze Rest."

"Niemand schätzt meine Arbeit". Neben dem Geld ist fehlende Anerkennung ein weiterer Frustrationsgrund, der oft in einer Art Unsicherheit münde: "Warum reagiert der Chef nicht auf meine Arbeit? War sie nicht gut?" Man könne aber nicht allen danken, geben die Autoren zu bedenken: "Wenn man das tut, dann bricht der Alltag zusammen." Vorgesetzte sind oft mit hunderten Mitarbeitern konfrontiert: "Da kann man unmöglich jedem ein Denkmal setzen." Wertschätzung könne nicht auf der Tagesordnung stehen: "Wir danken auch nicht dem Briefträger, dass die Post pünktlich kommt oder der Putzfrau, dass der Boden sauber ist."

Ob Busfahrer oder Bundespräsident: Das Ringen nach Anerkennung sei eine menschliche Universalie, könne aber immer nur enttäuscht werden. "Schließlich hat auch der deutsche Bundespräsident Horst Köhler seinen Rücktritt eingereicht", sagt Kitz, "weil er seiner Meinung nach nicht genügend Respekt bekommen hat".

Geringe Entfaltungsmöglichkeiten

"Wo viele Leute zusammenkommen, kann nicht jeder seine Vorstellungen verwirklichen", so Tusch zum dritten Punkt: dem zu geringen Handlungsspektrum. Man solle sich vor Augen halten, dass ein eingeschränkter Spielraum von sozialer Relevanz zeuge, "weil die Tätigkeit jemanden tangiert". Freiheit und Relevanz seien natürliche Gegenspieler, die es unter einen Hut zu bringen gilt.

Einen weiteren Aspekt in der Zeitmaschine namens Alltag bezeichnen die Coaches als "Fluch der Habituation": "Die Welt erscheint einem oft wahnsinnig aufregend", skizziert Kitz, "abgesehen von der Tätigkeit, die man gerade macht". Der notwendige Nebeneffekt: "Die Gewohnheit sorgt dafür, dass wir lernen." Mit der Zeit wird alles weniger interessant, aber: "Die Suche nach dem nächsten Kick kann immer nur mit Enttäuschungen enden."

Zwillinge im Geiste

"Geisteskranken" Kollegen und Kunden kann man nicht entkommen, glaubt Kitz. Auch nicht bei einem Jobwechsel: "Man ist die Personen zwar kurz los, aber die haben Zwillinge." Es gebe immer Leute, die zu spät erscheinen oder die zu laut telefonieren. Jeder entwickle um sich herum einen "absurden Mikrokosmos". Je länger man sich darin befindet, so Kitz, desto schneller wolle man wieder raus. Und alle Kunden sind gleich, ergänzt Tusch: "Man muss sich nur einmal selbst als solchen beobachten."

Wer an den perfekten Job glaubt, hechle einer Illusion nach, sind die zwei von ihrem Kontinuitäts-Credo überzeugt. Auch Mutter Teresa, die man mit einer vollkommenen, sinnstiftenden Tätigkeit assoziiere, gehörte zu den 89 Prozent an Unzufriedenen. In ihren Tagebucheinträgen berichtete sie vom zermürbenden Kampf mit Alltagsproblemen, Routinen und bürokratischen Hürden. "Wenn wir erkennen, dass es keine Perfektion gibt, wird viel Energie für uns selbst frei", glaubt Kitz und empfiehlt die Motive für Arbeit als eine Art "Anlage-Portfolio" zu sehen.

Auf mehrere Pferde setzen

Die Prioritäten sollten auf fünf unterschiedliche Bereiche gleichmäßig aufgeteilt werden: "Status, Sinn, Spaß, Spannung und Geld." Viele legten den Fokus nur auf ein Kriterium, kritisiert er: Läuft das aus dem Ruder, bricht gleich das gesamte Werk zusammen, aber: "Jeder Job hat von allen etwas zu bieten." Insgesamt laufe es dann immer passabel, so Tusch. (om, derStandard.at, 24.11.2010)