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Gewerkschafter bestreikten das VW-Werk in Lissabon.

Foto: Reuters

Lissabon/Granada - Erstmals seit 22 Jahren riefen am Mittwoch die großen Gewerkschaften Portugals, die Confederação Geral dos Trabalhadores Portugueses (CGTP) sowie die União Geral de Trabalhadores (UGT), vereint zur Lähmung des Staates auf. "Die ungerechten Einsparungen werden die bei 10,9 Prozent liegende Arbeitslosigkeit weiter ansteigen lassen" , fürchtet CGTP-Generalsekretär Manuel Carvalho da Silva bei der Auftaktkundgebung beim Volkswagenwerk Autoeuropa. Er ortete eine "historisch nie da gewesene Beteiligung" .

Knapp 80 Prozent des öffentlichen Transportwesens seien landesweit im Frühverkehr lahmgelegt gewesen, hieß es seitens der Gewerkschaften. Auch der internationale Flugverkehr kam zum Erliegen. Insgesamt hätten 85 bis 90 Prozent der öffentlich Bediensteten, die herbe Gehaltseinschnitte von bis zu zehn Prozent hinnehmen sollen, die Arbeit niedergelegt. Die Regierung spricht indes nur von mageren 19,4 Prozent.

Obgleich Gonçalo Castilho, Staatssekretär für die Öffentliche Verwaltung forderte, den Streik "zivilisiert und im Rahmen des Gesetzes zu begehen" , kam es bereits am frühen Morgen zu ersten Handgemengen zwischen Streikposten der Postbediensteten und der Polizei, die Pfefferspray einsetzte, um die Ausfahrt der Lkws zu ermöglichen. Doch abseits vereinzelter Zwischenfälle verlief der Tag ruhig.

Der wirtschaftliche Schaden des Streiks soll sich auf 200 bis 400 Millionen Euro summieren. Geld, das der Staat dringender denn je benötigt. Die Analysten von Barclays Capital erachten eine Rettungsaktion Portugals im ersten Quartal 2011 als "wahrscheinlich" . Eine solche würde sich mit 34 Mrd. Euro zu Buche schlagen, rund 20 Prozent des Bruttoinlandsproduktes.

Bereits am Vorabend des Streiks stiegen die Zinsraten für zehnjährige Staatsanleihen auf 6,5 Prozent - nur einen halben Prozentpunkt unter jener Schwelle, die Finanzminister Teixeira dos Santos als "Punkt ohne Wiederkehr" bezeichnete, um den Internationalen Währungsfonds einzuschalten. Am Mittwoch stiegen die Risikoaufschläge für Portugals Staatsanleihen weiter.

Wieder einmal gestreikt wurde auch in Griechenland, diesmal von den Seeleuten. Sie fordern zwei Prozent mehr Gehalt, der Fährverkehr kam am Mittwoch zum Erliegen. (Jan Marot, DER STANDARD, Printausgabe, 25.11.2010)