Rumänische Kreditnehmer ziehen billige Kredite vor, und zwar selbst dann, wenn das Risiko hoch ist. Fremdwährungskredite stellen trotz der Wechselkursfluktuationen das wichtigste Produkt dar. Auch 2010 wurden bis einschließlich September laut einer Statistik der Rumänischen Nationalbank über 63 Prozent der erteilten Privatkredite in einer Fremdwährung vergeben. Das entspricht einer Summe von 15 Millionen Euro. Im Vergleich dazu bleiben die Kredite in der Nationalwährung Leu sekundär - bei Privatpersonen beliefen sie sich auf rund 8,6 bei Unternehmen auf neun Millionen Euro.

Damit fährt Rumänien nicht nur gegen den europäischen Trend, nachdem Österreich und Ungarn Valutakredite eingeschränkt und sogar verboten haben. Die Vergabe von Valutakrediten erfolgt auch gegen die Empfehlungen zahlreicher Experten, einschließlich der offiziellen Position der rumänischen Nationalbank (BNR): "Wir raten eindeutig zu Krediten in der Währung des Einkommens, denn die Schwankungen des Leu gegenüber der Kreditwährung ist ein reales Risiko", betont BNR-Kommunikationschef Mugur Stet gegenüber dem Standard.

Für Banken und Kunden bleiben Eurokredite jedoch gleichermaßen attraktiv, wie Silviu Stoica, Filialenleiter bei Unicredit-Tiriac angibt: "Eurokredite mit variablen Zinsen sind einfach kostengünstiger, auch, weil die Euribor-Referenzzinsrate mit rund 0,8 derzeit immer noch relativ niedrig ist". Dass die Nationalbank nicht schärfer gegen Devisendarlehen vorgeht, begründet sie mit einem Verweis auf den freien Markt: Ein Verbot sei einfach schwer argumentierbar, heißt es in Bukarest.

Dennoch gibt es auch Banker, die scharf warnen. ING-Direktor Misu Negritoiu sagte der rumänischen Zeitung Romania Libera unlängst, dass die weite Verbreitung des Euro als Kreditwährung "das größte Problem Rumäniens", darstelle. Er sprach wörtlich sogar von einer "Zeitbombe". Denn die Regierung könne keine eigenständige Finanzpolitik implementieren, wenn der Markt derart vom Euro dominiert ist. Negritoiu sprach von einem unberechenbaren "Offshore-Markt" im eigenen Land. (Laura Balomiri aus Sibiu, DER STANDARD, Printausgabe, 25.11.2010)