Für Pekings Militärstrategen ist die Verlegung der US-Trägergruppe ein schwerer Rückschlag, den sie Nordkorea zu verdanken haben. Washington und Seoul hatten erstmals im Mai gemeinsame Manöver als Antwort auf die von Nordkorea im März mit einem Torpedoangriff versenkte "Cheonan" vereinbart. Die Manöver unter Beteiligung der "George Washington" sollten zuerst im ostchinesischen Meer und später im Gelben Meer stattfinden.

Chinas Diplomatie gelang es, die USA und Südkorea davon abzubringen. Sie argumentierte mit erhöhten Spannungen in der Region, wenn dort der nuklear betriebene Flugzeugträger aufkreuzt. Washington und Seoul verschoben den Plan zugunsten ihrer Beziehungen mit China auf unbestimmte Zeit. Südkorea entschied sich später, seine Marineübungen allein ohne Beteiligung der USA abzuhalten.

Jetzt stehen die verschobenen Manöver wieder auf der Tagesordnung. Der Nordkoreaexperte an Chinas Parteihochschule, Zhang Liangui, glaubt, dass Nordkorea seinen Überfall nie gewagt hätte, wenn USA und Südkorea gemeinsam geübt hätten. Pjöngjang wäre nie das Risiko eingegangen, Amerikaner zu gefährden. Zhang meint, dass der Nordkoreakonflikt nur auflösbar wird, wenn sich die USA, Russland und China zu einer "harten Haltung" durchringen. Pjöngjang sei von seinen Gelüsten Atommacht zu sein überwältigt und stoße mit seiner Familiendiktatur auf massive Probleme, den Nachfolger abzusichern. (Johnny Erling aus Peking/DER STANDARD, Printausgabe, 25.11.2010)