Paris - Nach dem Ende des Berufungsprozesses um die Behandlung mit tödlichen Wachstumshormonen in Frankreich fällt das Urteil erst in gut fünf Monaten. Die drei Richter wollten ihre Entscheidung am 5. Mai bekanntgeben, teilte das Gericht am Mittwochabend mit. Zuvor hatten die Anwälte der beiden Angeklagten jede Schuld am Tod von 120 Kindern und Jugendlichen zurückgewiesen, die nach der Verabreichung von verunreinigten Wachstumshormonen aus Gehirnen von Leichen in den 80er Jahren gestorben waren.

"Wie kann man sich vorstellen, dass dieser bedeutende Wissenschafter seine Arbeit auf die leichte Schulter genommen hat?", fragte der Anwalt des Hauptangeklagten, des 88-jährigen Fernand Dray, der damals Laborleiter am angesehenen Pariser Pasteur-Institut war. Die Staatsanwaltschaft hatte am Montag drei Jahre Haft auf Bewährung für ihn und bis zu zwölf Monate Bewährungsstrafe für die pensionierte Kinderärztin Elisabeth Mugnier gefordert.

"Nationales Drama"

Beide Angeklagten waren in erster Instanz zusammen mit vier weiteren Ärzten und Pharmazeuten im Jänner 2009 freigesprochen worden. Sie hatten fast 1.700 kleinwüchsige Kinder und Jugendliche mit Wachstumshormonen aus nicht ausreichend geprüften Gehirnen behandelt, die die Creutzfeldt-Jakob-Krankheit auslösen können. Staatsanwalt Bruno Sturlese hatte Dray und Mugnier am Montag amateurhaftes Verhalten vorgeworfen und von einem "nationalen Drama" gesprochen.

Viele der Behandelten leben bis heute in ständiger Angst, dass auch bei ihnen Creutzfeldt-Jakob ausbrechen könnte, denn die Krankheit kann noch Jahrzehnte nach der Infektion auftreten. Wie beim Rinderwahn BSE wird bei Creutzfeldt-Jakob das Gehirn langsam schwammartig zersetzt, was schließlich zum Tod führt. (APA)