Wien/Berlin - "Elektrotechnik? Ein Mädchen?" Reaktionen wie diese bekommt Jovana Popoviæ (24) häufig, wenn sie von ihrem Studium erzählt. Nur einer von 25 Elektrotechnik-Absolventen sei weiblich, erzählt Brigitte Ratzer, Leiterin der Frauenförderung an der Technischen Universität Wien. Ähnlich sehe es in vielen technischen Fächern aus; trotz Förderungsinitiativen ändere sich die Situation nur langsam.

Um dieses Problem zu lösen, bieten einige deutsche Hochschulen nach US-amerikanischem Vorbild technische Studiengänge nur für Frauen an. An der JadeHochschule Wilhelmshaven können sich angehende Wirtschaftsingenieurinnen seit 1997 aussuchen, ob sie ihre ersten drei Semester in einer gemischten Gruppe oder unter Frauen absolvieren wollen. Vor Einführung des Frauenstudiums seien hier pro Jahr ein bis zwei Frauen auf 45 Männer gekommen, erzählt Studiengangsleiterin Ulrike Schleier. Mittlerweile hätten das gemischte und das Frauenstudium zusammen einen Frauenanteil von fast 30 Prozent. Das Curriculum und das Abschlusszeugnis seien in beiden Studien gleich: "Auch wenn wir es nach außen hin einen eigenen Studiengang nennen, ist es juristisch nur eine Teilung innerhalb einer Gruppe von Studenten."

Im Gegensatz dazu ist das seit 2009 bestehende Studium "Informatik und Wirtschaft" an der Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin ganz offiziell ein reines Frauenstudium. Im Curriculum werde mehr Wert auf Wirtschaft und Soft Skills gelegt als in vergleichbaren Studien, erklärt Professorin Juliane Siegeris: "Frauen haben Interesse daran, dass beim Informatikstudium eine Anwendung dabei ist." Trotzdem handle es sich um kein "Informatik light"-Studium: "Objektiv von den Inhalten und Dozenten gibt es keinen Unterschied."

PC einschalten für Anfänger

Dennoch sind die Studentinnen oft mit Vorurteilen konfrontiert: "Informatik für Frauen, lernt man da, wie man einen PC einschaltet und Kochrezepte raussucht?", wurde die Informatik-und-Wirtschaft-Studentin Sabrina Altmann von Freunden gefragt.

Wozu brauchen Frauen nun überhaupt ein eigenes Studium, wenn sie technisch gleich begabt sind wie Männer? "Frauen denken oft, dass sie nicht in ein technisches Studium gehören. Wir wollen ihnen ein Sprungbrett bauen", erklärt Schleier. Dass es im späteren Berufsleben Unterschiede zwischen Absolventinnen von gemischten und Frauenstudien gibt, glaubt sie nicht - Frauen hätten generell immer noch schlechtere Berufsaussichten als Männer.

Wäre ein Frauenstudium auch in Österreich vorstellbar? "Im Moment ist der politische Wille dafür nicht da", meint Doris Kapeller von Peripherie, dem Institut für praxisorientierte Genderforschung. Wissenschaftsministerin Beatrix Karl kennt die Idee jedoch gar nicht; sie findet sie "spannend" und will sich informieren. Ratzer, der zufolge die - aus dem normalen Uni-Budget bezahlten - deutschen Studiengänge "hervorragend" umgesetzt sind, fände einen Frauenstudiengang in Österreich aber nur bei entsprechender Finanzierung sinnvoll. Ein schlecht ausgestattetes Studium wäre "ein Schuss ins Knie", befürchtet sie: "Das wird dann als Sonderprogramm für Frauen eingestuft, die für ein richtiges Studium zu deppert sind."

Sie fragt sich, ob in Österreich überhaupt Nachfrage besteht: "Junge Frauen lehnen frauenspezifische Maßnahmen zunehmend als Sonderbehandlung ab." Popoviæ bestätigt das: Sie glaubt, dass Frauenstudien mehr Frauen in die Technik bringen würden; selbst würde sie aber keines belegen

(Ina Ho Yee Bauer, Ruth Eisenreich, DER STANDARD, Printausgabe, 25.11.2010)