"Ich stehe dieser Adoption, muss ich Ihnen ehrlich sagen, kritisch gegenüber. Familie ist, wo Kinder sind": Staatssekretärin Remler zum möglichen Kinderwunsch von homosexuellen Paaren.

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Standard: Sie werden heute, Freitag, an Ihrem Geburtstag als Familienstaatssekretärin angelobt. Angesichts der anhaltenden Proteste gegen das Budget: ein Geschenk - oder doch eher eine Bürde?

Remler: Natürlich ist das eine Herausforderung. Aber mein größtes Geschenk ist eigentlich meine Tochter - und ich finde, dass es an der Zeit ist, den Frauen wieder mehr Mut zu Kindern zu machen.

Standard: Am Samstag gehen auch die Familienverbände auf die Straße, um gegen das Sparpaket zu demonstrieren. Wie wollen Sie diesen Leuten Mut machen?

Remler: Demonstrieren ist freilich ein staatsbürgerliches Recht. Aber es wird ja wegen der schwierigen Zeiten nicht nur in Österreich demonstriert, sondern auch in anderen Ländern. - Ich fände es jedenfalls ein gutes Signal an die Familien, wenn die Regierung die Streichung des Mehrkindzuschlages zurücknimmt, wenn man den Betrag etwas reduzieren könnte. Denn es kann sicher problematisch werden, wenn einem Alleinverdiener und einer Mutter mit mehreren Kindern auf einmal dieses Geld fehlt.

Standard: Wie soll die Reduzierung konkret aussehen?

Remler: Ich möchte mich da jetzt auf keinen Prozentsatz festlegen. Wichtig ist, dass damit Härten abgemildert werden.

Standard: Sie selbst waren bisher in der Betreuung Pflegebedürftiger tätig. Goutieren Sie Einschnitte wie die Verschärfung des Zugangs zu den Pflegestufen eins und zwei?

Remler: Die Pflege ist eine der größten Herausforderungen der Zukunft - das kann nur aus einem guten Mix aus formeller und informeller Pflege bewerkstelligt werden. Denn auch die pflegenden Angehörigen leisten Unglaubliches und sind immer in Gefahr, sich zu übernehmen und selbst krank zu werden. Ich werde mich für alles einsetzen, was den pflegenden Angehörigen nur irgendmöglich das Leben erleichtert.

Standard: Aber nicht für die Rücknahme des erschwerten Zugangs zu den Pflegestufen eins und zwei?

Remler: Es ist auch wichtig, dass wir sparsam sind. Gleichzeitig geht es aber freilich darum, sich Härtefälle anzuschauen und gegebenenfalls abzumildern.

Standard: Die Koalition will demnächst bekanntgeben, wie und wo sie Härten abmildern will - Ihre Expertise dazu war ausdrücklich nicht gefragt. Enttäuscht?

Remler: Ich empfand es als freundlich, das klarzustellen, weil ich ja erst heute angelobt werde.

Standard: Trotzdem müssen Sie nun in Regierungsfunktion für dieses Budget geradestehen.

Remler: Keine Frage. Je weniger Rückenwind man hat, desto mehr Rückgrat ist eben gefragt.

Standard: Sie wollen den Frauen wieder mehr Mut zum Kind machen. Die Familie steckt in Österreich - gelinde gesagt - in einer Krise: wenige Geburten, kaum Karenzväter, dafür hohe Scheidungsraten und oft Streitereien um die Obsorge. Ihre Gegenrezepte?

Remler: Ich kann mir nicht vorstellen, dass es da ein Generalrezept gibt. Politik soll es ermöglichen, Familien ein glückliches Familienleben zu führen, aber genauso wichtig ist es auch, ihnen ein glückliches Berufsleben zu ermöglichen.

Standard: Also konkret: Wie möchten Sie die Geburtenrate erhöhen?

Remler: Wichtig ist ein guter Mix aus Familienleistungen und Betreuungseinrichtungen, damit Wahlfreiheit gegeben ist.

Standard: Laut aktuellen Zahlen sind nur 4,5 Prozent der Kindergeld-Bezieher männlich. Wie wollen Sie diesen Anteil steigern?

Remler: Das einkommensabhängige Kinderbetreuungsgeld meiner Vorgängerin Christine Marek war ein Quantensprung, um Vätern die Beteiligung an der Familie zu erleichtern.

Standard: Bis jetzt ohne Erfolg.

Remler: Die wirklichen Statistiken wird es geben, wenn die 14 Monate nach Einführung herum sind.

Standard: Wie erklären Sie sich die hohen Scheidungsraten?

Remler: Ich soll Ihnen jetzt aber nicht allen Ernstes beantworten, was der Grund dafür ist, warum sich Menschen scheiden lassen?

Standard: Gut, anders gefragt: Kann man diese für die Familien eher ungünstige Entwicklung überhaupt aufhalten?

Remler: Ich bin in der glücklichen Lage, sehr glücklich verheiratet zu sein, und hoffe, dass es so bleibt. Da gibt es kein grundsätzliches Geheimrezept dafür. Und natürlich gibt es da einen generellen Wandel: Es gibt die klassische Familie, dann die Patchwork-Familien und die Wiederverheirateten. Für mich gilt: Familie ist dort, wo Kinder sind. Aber es geht immer ums Gleiche - dass die Familien Unterstützung erhalten, wo sie es brauchen.

Standard: Sollen Homosexuelle Kinder adoptieren dürfen?

Remler: Wichtig ist, Diskriminierungen abzubauen. Ich stehe dieser Adoption, muss ich Ihnen ehrlich sagen, aber kritisch gegenüber.

Standard: Warum?

Remler: Das ist meine ganz persönliche Meinung.

Standard: Befürchten Sie, dass da etwas schieflaufen könnte?

Remler: Schauen Sie, ich habe ein sehr selbstbestimmtes Familienbild. Ich tu mir schwer, mich da jetzt schubladisieren zu lassen. Vielleicht wollen Sie auf dieses konservative Familienbild hinaus. Familien sollen selbst entscheiden können, welchen Weg sie einschlagen wollen.

Standard: Das können homosexuelle Paare mit Kinderwunsch nicht.

Remler: Meine persönliche Meinung ist: ein Nein zur Adoption. Familie ist, wo Kinder sind. (Nina Weißensteiner, DER STANDARD, Printausgabe, 26.11.2010)