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Die bereits von früheren Ausländer-Kampagnen bekannten Schafe werben wieder: diesmal für "Ausschaffung" Straffälliger.

Foto: Reuters

Geht es nach dem Willen der rechtskonservativen Schweizerischen Volkspartei, sollen die Schweizer am Sonntag entscheiden, dass manche straffällig gewordene Fremde in ihre Heimat abgeschoben werden.

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Ein Jahr nachdem das Schweizer Volk an der Urne ein Minarett-Verbot beschlossen hat, steht erneut ein rechtsstaatlich problematisches Volksbegehren aus demselben politischen Lager zur Abstimmung: Am Sonntag wird über die Initiative "für die Ausschaffung (in Österreich Abschiebung, Anm.) krimineller Ausländer" von der rechtskonservativen Volkspartei SVP abgestimmt. Und ein Ja scheint auch diesmal möglich, obwohl das Begehren von den übrigen Parteien, der Regierung, von Kirchen und Gewerkschaften abgelehnt wird.

"Viele Schweizerinnen und Schweizer fühlen sich nicht mehr sicher im eigenen Land. Die Ausschaffungsinitiative nimmt das Bedürfnis nach mehr Sicherheit, mehr Grenzen und vor allem konsequentem Durchgreifen auf", argumentieren die Befürworter des Volksbegehrens. Sie illustrieren ihre Kampagne erneut mit dem berüchtigten "Schäfchen-Plakat": Diesmal kickt das weiße Schweizer Schaf ein kriminelles Ausländer-Schaf über die Landesgrenze hinaus. Denn das Begehren verlangt, dass Ausländerinnen und Ausländer ausgewiesen werden, wenn sie wegen eines schweren Gewalt- oder Einbruchdelikts verurteilt worden sind oder wenn sie missbräuchlich Sozialleistungen oder Sozialhilfe bezogen haben.

"Willkür"

Die Gegner des Begehrens sprechen von Willkür: Einerseits sei dieser Deliktkatalog willkürlich, beispielsweise fielen schwere Fälle von Steuerbetrug oder Wirtschaftskriminalität nicht darunter; hingegen drohten einem Einbrecher, der eine Stange Zigaretten klaue, oder einer Putzfrau, die schwarz arbeite, die Abschiebung. "Ein so großes Ungleichgewicht kann in einem Rechtssystem nicht sein" , sagte Justizministerin Eveline Widmer-Schlumpf in einem Interview in der Neuen Zürcher Zeitung. Die Regierung stellt deshalb einen Gegenvorschlag zur Abstimmung, der etwas weniger willkürlich ausgestaltet wäre und der ihrer Ansicht nach völkerrechtskonform umgesetzt werden könnte. Doch auch dieser Gegenvorschlag ist umstritten: Sozialdemokraten und Grüne lehnen beide Vorschläge ab, da sie darin eine grundsätzliche Diskriminierung sehen. Denn während ein Schweizer Delinquent nach verbüßter Strafe im Lande bleiben kann, wird ein Ausländer mit der Ausschaffung noch zusätzlich bestraft.

Ebenfalls zur Abstimmung steht eine sozialdemokratische "Steuergerechtigkeits-Initiative". Diese sieht schweizweit einheitliche Mindest-Steuersätze für hohe Einkommen und Vermögen vor. Das reichste Prozent der Schweizer Bevölkerung hätte leicht höhere Steuern zu gewärtigen; für die übrigen 99 Prozent würde sich am Steuertarif nichts ändern. Der SP-Vorstoß ist eine Antwort auf den scharfen Steuerwettbewerb der Schweizer Kantone, die einander mit immer neuen Steuersenkungen zu unterbieten suchen, um reiche Steuerzahler anzuziehen. Die Zeche zahlt der Mittelstand: In vielen Schweizer Steuerparadiesen sind unterdessen kaum noch leistbare Wohnungen vorhanden, weil die reichen Zuzügler für ihr Bauland, ihre Villen und Penthouses fast jeden Preis zu zahlen bereit sind. (Klaus Bonanomi aus Bern/DER STANDARD, Printausgabe, 26.11.2010)