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Kim Kwan Jin, der neue Verteidigungsminister Südkoreas, auf einem Archivbild

Foto: REUTERS/Yonhap/Files

Pjöngjang/Seoul/Wien - Wenn der US-Flugzeugträger "George Washington" bei dem für Sonntag geplanten südkoreanisch-amerikanischen Manöver im Gelben Meer zu nahe an der Trennlinie zwischen den beiden verfeindeten koreanischen Staaten kreuzt, wird Pjöngjang dann Schießbefehl erteilen? Die Antwort der nordkoreanischen Quelle ist glasklar: "Technisch gesehen sind wir seit 1953 noch immer im Krieg. Die Situation ist sehr gefährlich, man will uns an den Rand des offenen Konfliktes bringen. Man wird abwarten müssen, ob geschossen wird oder nicht."

Aus Nordkorea kommen fünf Tage nach dem schweren Artillerieangriff auf die südkoreanische Insel Yeonpueong mit mehreren Toten weiterhin martialische Töne. Dazu schuf Pjöngjang auch Fakten: Eine militärische Übung an der umstrittenen Seegrenze wurde abgehalten, hieß es aus dem Verteidigungsministerium in Seoul. "Wer gerne mit dem Feuer spielt, wird darin umkommen", drohte die Führung in Nordkorea.

Die Mitteilung wurde kurz vor dem Besuch des US-Kommandanten in Südkorea, General Walter Sharp, auf Yeonpueong verbreitet. Der südkoreanische Präsident Lee Myung-bak ernannte unterdessen den früheren Generalstabschef Kim Kwan-jin zum neuen Verteidigungsminister. Der 61-Jährige gelte als "typischer Soldat", der sich durch starke Führungskraft auszeichne, sagte ein Sprecher Lees.

Feuer zu spät erwidert

Der bisherige Ressortchef Kim Tae-young war nach heftiger Kritik an der Reaktion Seouls auf den Beschuss zurückgetreten. Kritiker hatten erklärt, die kleine Insel mit ihren gut 1000 Einwohnern sei nicht auf den Angriff vorbereitet gewesen, und die südkoreanischen Streitkräfte hätten das Feuer zu spät erwidert.

Die USA versuchten inzwischen weiter, mithilfe Chinas die Situation zu entschärfen. Präsident Barack Obama werde in den kommenden Tagen ein Telefonat mit seinem chinesischen Kollegen Hu Jintao führen, hieß es in Washington. Peking machte am Freitag deutlich, dass im Mittelpunkt des Gesprächs die Wiederbelebung der auf Eis liegenden Sechs-Nationen-Gespräche über das nordkoreanische Atomprogramm stehen sollte.

Aus Pjöngjang allerdings verlautete, dass es ein großer Fehler sei, "zu glauben, dass China unsere Entscheidungen beeinflussen kann. Wir geben nichts auf die Meinungen anderer Staaten und hängen auch nicht von ihnen ab." Eine Entspannung der Situation könne es erst geben, wenn Seoul seine militärischen Aktivitäten in der umstrittenen Seezone aufgebe. Denn dort hielten sich die Südkoreaner illegal auf. (Christoph Prantner, STANDARD-Printausgabe, 27./28.11.2010)