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In diesem Archivbild vom Dezember 2009 grüßt Premierminister Manmohan Singh den damaligen Telekommunikations-Minister Andimuthu Raja

Foto: Tribhuvan Tiwari/AP/dapd

Seit bald zwei Wochen blockiert die Opposition das Parlament, der Volkszorn kocht hoch, und selbst das Höchstgericht hat sich eingeschaltet: Indien wird vom womöglich größten Korruptionsskandal seiner 63-jährigen Geschichte erschüttert. Es geht um unglaubliche 39 Milliarden Euro. Das ist die Summe, um die der Minister für Telekommunikation, Andimuthu Raja, Staat und Volk betrogen haben soll. Raja selbst ist zwar inzwischen zurückgetreten, doch die Affäre zieht immer weitere Kreise.

Selbst der als absolut integer geltende Regierungschef Manmohan Singh geriet ins Kreuzfeuer der Kritik. Der oberste Gerichtshof wollte von ihm wissen, warum er und die von der Kongresspartei geführte Regierung dem Treiben Rajas so lange tatenlos zugesehen hatte. Eine überzeugende Antwort blieb Singh bisher schuldig.

Die Opposition will das Parlament so lange boykottieren, bis die Regierung einen parteiübergreifenden Untersuchungsausschuss einrichtet, was Letztere aber strikt ablehnt. Denn die Mitglieder hätten das Recht, nicht nur Minister, sondern auch Singh zu befragen. So ist die Volksvertretung des 1,2 Milliarden Einwohner zählenden Landes faktisch paralysiert.

Lizenzen verschleudert

Der Betrug selbst reicht zwei, drei Jahre zurück. Damals schrieb Raja Mobilfunklizenzen, 2G genannt, aus. Doch statt diese wie vorgeschrieben zu versteigern, vergab der Minister sie zu Schleuderpreisen. So lautet zumindest der Vorwurf der Kontrolleure. Ob er dafür Schmiergelder kassierte, ist nicht belegt. Aber man kann vermuten, dass die Firmen ihm ungemein dankbar waren.

Als Folge verlor der Staat nach Schätzungen bis zu 39 Milliarden Euro. Das Geld hätte ausgereicht, alle hungernden Inder ein Jahrzehnt zu ernähren, schreibt der Kolumnist Prashant Agrawal. Singh rügte Raja damals und verlangte Änderungen, Raja zeigte sich aber unbeeindruckt. Das hatte Gründe: Raja gehört der Partei DMK an, die in Tamil Nadu stark ist. Die Kongresspartei brauchte die DMK damals, um eine regierungsfähige Koalition zu bilden. (Christine Möllhoff aus Neu-Delhi, STANDARD-Printausgabe, 27./28.11.2010)