Immer mehr Klimaexperten haben die Hoffnung aufgegeben, dass es durch internationale Abkommen gelingen wird, den Ausstoß von Treibhausgasen zu reduzieren. Sie setzen stattdessen auf gezielte Eingriffe in das Erdklima, um dessen Erwärmung zu stoppen. Unter den Anhängern des "Geo-Engineering" ist Nathan Myhrvold der inoffizielle Star.

Sein Vorschlag lautet, am Nord- und am Südpol je 25 Kilometer lange Schläuche mit Hilfe von Heliumballons in den Himmel steigen zu lassen und Schwefeldioxid in die Atmosphäre zu pumpen. Das würde die Erdtemperatur genauso sinken lassen wie der Ausbruch des philippinischen Vulkans Pinatubo 1991, behauptet er.

So fantastisch die Idee auch klingt, unter den vielen Vorschlägen zur Regelung des Erd-Thermostats, die alle höchst umstritten sind, gilt seiner als technisch am ehesten machbar und mit ein bis zwei Milliarden Dollar Kosten als relativ billig. Vor allem hat Myhrvold den Ruf, dass er wissenschaftliche Utopien verwirklichen kann. Er ist ein Daniel Düsentrieb des IT-Zeitalters, ein rastloser intellektueller Innovator.

Sein Unternehmen Intellectual Ventures (IV) beschäftigt Dutzende Forscher und besitzt rund 30.000 Patente. Jedes Jahr meldet IV 450 weitere Innovationen vor allem im Bereich Software, Mikrochips und Medizintechnologie an, die sich Konzerne wie HTC und Samsung mit teuren Lizenzverträgen zu sichern bemühen. Als erpresserischer "Patent-Troll" wird er deshalb von anderen beschimpft.

Schon in der Schulzeit galt der 1959 in Seattle geborene Myhrvold als Wunderkind. Nach einem Physikstudium in Princeton arbeitete er kurz für Stephen Hawking an der Universität Cambridge und gründete dann in Kalifornien eine Softwarefirma, 1986 von Microsoft übernommen wurde. 14 Jahre war Myhrvold bei Bill Gates als Forschungschef und rechte Hand tätig, bevor er vor zehn Jahren mit fünf Milliarden Dollar an Risikokapital in einem Vorort von Seattle die eigene Patentschmiede gründete.

In seiner Freizeit beschäftigt sich der verheiratete Vater zweier Söhne mit Naturfotografie, Saurierfossilien, außerirdischem Leben und französischer Küche. Im März bringt er einen 2400-Seiten-Band heraus, der alle Kochtechniken der Welt kulinarisch und wissenschaftlich erklärt. Schon seit Jahren arbeitet Myhrvold an einem Rezept für Kartoffelchips mit Gourmet-Geschmack. Wenn ihm das gelingt, sagen manche, dann werde er auch das Weltklima retten können. (Eric Frey/DER STANDARD, Printausgabe, 27./28. 11. 2010)