Bruck/Leitha - "In Niederösterreich gibt es rund 350.000 Hektar Felder - das heißt, dass man damit theoretisch fast den ganzen Gasbedarf dieses Bundeslandes abdecken könnte. Theoretisch", betont Leo Gstrein, Geschäftsführer des Energieparks Bruck an der Leitha. Und das, ohne substanziell Agrarfläche für die Lebensmittelproduktion zu verlieren.

Genau das ist allerdings der Vorwurf, der üblicherweise gegen die Produktion von Biosprit und Biogas vorgebracht wird: dass damit wertvoller Acker verlorengeht und die Preise für Lebensmittel in die Höhe getrieben werden. Dass eine Biomasseproduktion aber auch ohne Nahrungsmittelkonkurrenz möglich ist, zeigt der Energiepark Bruck seit 2008 mit einem Pilotprojekt bei der nahegelegenen Biogasanlage in Margarethen am Moos auf - ein Feldversuch, an dem auch die großen Energieversorgungsunternehmen EVN, Wien Energie und OMV beteiligt sind.

Die auf dem ersten Blick frappant einfache Lösung aus dem Dilemma "Tank oder Teller" lautet schlicht: "Erneuerbare Energie aus Zwischenfrüchten. " Das heißt: Zuerst werden auf den Feldern die Hauptfrüchte angebaut und geerntet - und das ist beispielsweise bei Getreide meist Mitte Juli bis Anfang August der Fall. Danach werden so schnell wie möglich Zwischenfrüchte ausgebracht, die dann gegen Ende Oktober zur Biogasanlage geliefert und dort weiterverarbeitet werden. Das Rohgas wird dann so weit gereinigt, dass es schließlich ohne Probleme in das bestehende Erdgasnetz eingeleitet werden kann.

33 niederösterreichische Landwirte mit 150 Hektar Ackerfläche in Margarethen am Moos und Hollern machen derzeit beim Pilotprojekt mit, das wissenschaftlich begleitet wird. Jetzt liegen erste Ergebnisse der Untersuchungen vor. In der heurigen Versuchsreihe, bei der etwa verschiedene Hirsearten, Sudangräser und klassische Zwischenfruchtmengen angebaut wurden, zeigte sich: Das Ziel, pro Hektar rund 3000 m³ Methan zu produzieren, ist durchaus realistisch. Und das, obwohl die kühle und regnerische Witterung im August und September dieses Jahres alles andere als optimal war. Eindeutiger Favorit ist nach den derzeitigen Erkenntnissen übrigens die Zuckerhirse.

Nährstoffe für den Boden

Der energetische Output ist aber nicht alles: Wie die Untersuchungen zeigten, kann der Anbau von Zwischenfrüchten die Böden sogar durchaus verbessern. "Die Zwischenfrüchte führen zu einer besseren Wasserbeständigkeit", erläutert Projektleiter Thomas Siegl. "Sie binden CO2 und Nährstoffe im Boden, die sonst ausgewaschen würden." Weiters stellte Wilfried Hartl mit seinem Team der Bioforschung Austria bei den begleitenden Untersuchungen fest: In der zurückbleibenden Biogas-Gülle "ist ein überraschend hoher Anteil des Gesamtstickstoffes organisch gebunden". Wird die Gülle auf dem Feld ausgebracht, ist das gleich ein hervorragender Dünger. "Und das ist um einiges sinnvoller, als einen Kilo Kunstdünger mit drei Litern Öl zu produzieren", ergänzt Leo Gstrein.

Die Bilanz aus dem aktuellen Zwischenbericht: Angesichts der steigenden beziehungsweise stark schwankenden Marktpreise für die Hauptfrüchte im Lebensmittelbereich sei der Anbau von Energiefrüchten für die Biogasproduktion jedenfalls "eine interessante, kosten- und preisstabile Alternative" für die Landwirte. (Roman David-Freihsl/DER STANDARD-Printausgabe, 27.11.2010)