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Aedes aegypti kann Seuchen wie das Dengue-Fieber übertragen.

Foto: APA/EPA/GUSTAVO AMADOR

An den Symptomen erkennt man die Seuche kaum. Abgeschlagenheit und Fieber, gefolgt von Kopf- und Gliederschmerz sind die häufigsten Anzeichen. Eine ganz normale Grippe? In diesem Fall nicht. Was manchen Mediziner stutzig machen könnte, sind die seltsamen Hautausschläge, die zu Beginn der Erkrankung an den Armen und Beinen einiger Betroffenen auftreten. Nur ein gezielter Antikörpertest kann dann Klarheit schaffen. Ein positiver Befund bedeutet: Dengue-Fieber.

Eigentlich handelt es sich bei diesem von Viren ausgelösten Leiden um eine typische Tropenkrankheit, doch seit diesem Sommer kommt das Dengue-Virus offenbar auch in Europa vor. Im südfranzösischen Nizza wurden zwei Menschen infiziert, die nicht zuvor in tropischen Regionen gewesen waren, und im vergangenen Monat brachte ein deutscher Urlauber die Krankheit als ungewolltes Reiseandenken aus Kroatien mit. Die Erreger werden von Mücken der Gattung Aedes übertragen. Man bezeichnet diese deshalb als Vektor.

Die drei bekanntgewordenen europäischen Dengue-Patienten sind höchstwahrscheinlich von Tigermücken (Aedes albopictus) gestochen worden. Sie stammen aus Südostasien und breiten sich seit 1979 auf unserem Kontinent aus.

Klimaänderungs-Profiteure

Das Auftreten des Dengue-Fiebers in Europa ist laut Ansicht einiger Experten eine logische Folge des globalen Klimawandels. Und es wird nicht dabei bleiben: Malaria, Chikungunya-Fieber, Leishmaniose, Westnil-Virus und auch FSME stehen auf der Liste der möglichen Klimaänderungs-Profiteure.

Über das Ausmaß der Bedrohung herrscht unter Fachleuten keine Einigkeit. Es gibt wichtige Wetterfaktoren, die sich momentan zugunsten diverser Vektoren ändern, erklärt Pierre Formenty von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) gegenüber dem Standard. Gemeint sind mildere Winter und größe- re Regenmengen. "Wenn diese Veränderungen in Europa andauern, werden wir häufiger Ausbrüche von solchen Infektionskrankheiten erleben, die von Mücken übertragen werden." Die erhöhte Mobilität von Menschen und Gütern spiele allerdings auch eine wichtige Rolle. So lassen sich Seuchen buchstäblich importieren - mit noch unbekannten Folgen. "Wir sind sehr besorgt über das Dengue-Fieber", sagt Formenty. Die Krankheit kann sogar tödlich enden. Ein Heilmittel oder gar einen Impfstoff gibt es noch nicht.

Der Biologe Paul Reiter vom Pariser Institut Pasteur pflichtet Formenty bei. "Die Globalisierung der Bewegung ist wahrscheinlich viel bedeutender als irgendwelche Änderungen des Klimas", so der Forscher. Er betont die Unterschiede zwischen Malaria und den Vireninfektionen. "Malaria ist eine behandelbare Krankheit." Dengue- und Chikungunya-Fieber seien das nicht, und deshalb könnten sie sich leichter verbreiten, weil sich die Viren im Gegensatz zu den Malaria-Erregern nicht wirklich ausmerzen lassen.

Noch ist die Dengue-Überträgerin, die Tigermücke, Österreich ferngeblieben, doch das könnte sich bald ändern. Laut dem Humanvirologen Stephan Haberle von der Universität Wien gibt es dennoch keinen Anlass für ernsthafte Besorgnis. Dengue-Fieber ist nicht neu in Europa, erläutert der Experte. In den 1920er-Jahren gab es mehrere Ausbrüche der Seuche in Griechenland und Norditalien. Damals war Aedes aegypti der Vektor, eine mittlerweile aus Europa verschwundene Art. "Die verbesserten Lebensumstände sind ein ganz wichtiger Punkt, weshalb solche Krankheiten zurückgedrängt wurden", so Haberle. Mit anderen Worten: Hygiene, bessere medizinische Versorgung und ein modernes Wohnumfeld ohne Brutstätten für Schädlinge entziehen Epidemien ihre Grundlage und stoppen so eine klimabedingte Verbreitung. Stephan Haberle: "Ich sehe derzeit kein großes Risiko, dass sich Dengue und Chikungunya in Österreich etablieren." (Kurt de Swaaf/DER STANDARD, Printausgabe, 27./28. 11. 2010)