Diese Aufnahme Rheas wurde am 21. November 2009 durch die "Cassini"-Sonde aus einer Entfernung von 30.000 Kilometern gemacht.

 

 

Foto: NASA/JPL/Space Science Institute

Washington - Täglich stattfindende Kollisionen von Eisbrocken innerhalb der Saturnringe, Methan-Seen auf dem Titan, Geysire auf dessen Schwestermond Enceladus: Die 1997 von der Erde gestartete "Cassini"-Sonde demonstriert am laufenden Band, dass manche astronomische Erkenntnisse nur gewonnen werden können, wenn man das Zielobjekt besucht. Seit sechs Jahren befindet sich die Sonde im System des Ringplaneten und seiner Monde ... von denen er mehr hat, als zuvor beobachtet werden konnte: Eine weitere Erkenntnis, die den Aufnahmen der Sonde zu verdanken ist.

Unter Astronomen ist es fast schon zum Stehsatz geworden, dass ein bestimmtes Objekt des Saturnsystems "interessanter als gedacht" sei. Jüngst wurde dieser Satz auf Rhea angewandt, den mit 1.500 Kilometern Durchmesser zweitgrößten Mond des Saturn. Offenbar verfügt der von einer kraterübersäten Eiskruste bedeckte Mond über eine Atmosphäre mit den beiden Komponenten Sauerstoff (zu 70 Prozent) und Kohlendioxid (30 Prozent).

Den aktuellen Daten nach könnte die Sauerstoffatmosphäre 100 Mal dicker sein als die Exosphäre des Erdmonds oder des Merkur - in anderen Worten: immer noch extrem dünn. Im Vergleich zur Erde wäre Rheas Sauerstoffschicht fünf Billionen Mal dünner. Deshalb konnte die Lufthülle auch erst entdeckt werden, als sich "Cassini" mit seinem bordeigenen Plasma-Spektrometer bis auf 97 Kilometer "Schnüffeldistanz" an den Mond annäherte, wie Ben Teolis vom Southwest Research Institute in San Antonio und sein Team in "Science" berichten.

Vermutlicher Ursprung der Atmosphäre

Der Sauerstoff dürfte seinen Ursprung im Einfluss des Magnetfelds des Saturn auf dessen Mond haben - im Feld gefangene geladene Partikel treffen auf die eisige Oberfläche Rheas, führen zu Zersetzungsprozessen und setzen dabei den Sauerstoff frei. Schon früher waren mithilfe des Hubble-Teleskops vergleichbare Atmosphären bei den Jupitermonden Europa und Ganymed, auf deren Oberflächen ebenfalls Eis zu finden ist, festgestellt worden. Im Saturnsystem ist Rhea jedoch einzigartig - zumindest bislang: In Zukunft soll nämlich auch der überwiegend aus Eis bestehende Saturnmond Dione auf das Vorhandensein einer Atmosphäre untersucht werden.

Die Herkunft des Kohlendioxids, das die Astronomen mehr überrascht hat als der Sauerstoff, bleibt vorerst noch ungeklärt. Auch hierfür könnten elektrochemische Zersetzungsprozesse auf Rheas Oberfläche verantwortlich sein - möglicherweise die Zersetzung kohlenstoffreicher Ablagerungen, die durch Mikrometeoriten auf die Mondoberfläche gelangten. Das Kohlendioxid könnte aber auch ein Rest des ursprünglichen Nebels sein, aus dem sich unser Sonnensystem gebildet hat. (red)