Italiens Regierung sieht sich als "Opfer internationaler Machenschaften". Der Ministerrat klagte am Wochenende über "Strategien zur Verunglimpfung des Landes". Dazu rechnet Außenminister Franco Frattini die bevorstehenden Wikileaks-Enthüllungen über Italien, Bilder über die Müllmisere in Neapel und das verwahrloste Pompeji und die Korruptionsermittlungen der Staatsanwaltschaft gegen Italiens größten Rüstungskonzern Finmeccanica.

Regierungschef Silvio Berlusconi: "Es ist selbstmörderisch, gegen jene vorzugehen, die mit ihren Fähigkeiten die Kraft unseres Landes stärken." "Die Staatsanwälte sollten eher gegen Wikileaks ermitteln, ließ indes Außenminister Frattini verlauten. In Rom wird befürchtet, Dokumente könnten die Irritation Washingtons über Berlusconis Entgleisungen ("gebräunter Obama" ) und dessen freundschaftliche Beziehungen zu Muammar Ghaddafi und Wladimir Putin enthüllen.

Innenpolitisch sagte der Premier, eine Regierungskrise müsse unter allen Umständen vermieden werden, weil sie "Italien auf denselben Weg wie Griechenland und Irland führen würde" . Seine Partei sei bereit zu einem Pakt mit den Kräften der Mitte. Wer ihm das Misstrauen ausspreche, müsse "zeitlebens mit dem Brandmal des Verräters leben", so Berlusconi unter Anspielung auf Fini.

In der italienischen Hauptstadt demonstrierten am Wochenende mehrere hunderttausend Beschäftigte gegen die Mitte-rechts-Regierung Berlusconi und ihre Wirtschaftspolitik. Die größte Gewerkschaft CGIL hatte zur Großkundgebung aufgerufen. Die Vorsitzende Susanna Camusso drohte der "Macho-Regierung" mit einem Generalstreik. (Gerhard Mumelter aus Rom/DER STANDARD, Printausgabe, 29.11.2010)