Zwar riskiert ein Blick von außen auf das Schweizer Ja zum wohl strengsten Abschiebungsgesetz Europas, Details zu übersehen - und an solchen ist die jahrhundertealte direkte Demokratie der Eidgenossen reich. Doch dieser Blick vermag andererseits vielleicht, die großen Züge zu erkennen - und hier fällt vor allem die manipulative Bild- und Argumentewahl der "Ausschaffungsinitiativen" -Befürworter auf. Und, dass sie sich durchgesetzt haben im reichen Banken- und Nicht-EU-Staat Schweiz.

Denn von außen waren Proteste nicht zu vernehmen. Proteste etwa gegen Plakate wie jenes mit dem Foto eines unkenntlich gemachten bärtigen Mannes, das suggeriert, hier handle es sich um einen Vergewaltiger, der nach dem Willen des Parlaments bald eingebürgert werden soll: ein Sujet, das jedem Abschiebungsstopp Kumpanei mit Kriminellen unterstellt. Auch mit der eidgenössischen Kriminalitätsstatistik ging die Kampagne - sagen wir - recht kreativ um: Einzelne Delikte wurden zu 100 Prozent ausländischen Straftätern zugeschrieben.

Dass dagegen die Stimmen der Mäßigung keine Mehrheit erringen konnten, wundert aus österreichischer, von FPÖ-Anti-"Mustafa"-Kampagnen geeichter Sicht nicht. Beunruhigend jedoch ist, dass nach dem Minarettverbot in der Schweiz jetzt schon zum zweiten Mal offen Ausländerfeindliches in Recht und Gesetz eingeht. Könnte sein, dass hier direkte Demokratie am Fremdenhass scheitert. (Irene Brickner /DER STANDARD, Printausgabe, 29.11.2010)