Foto: Standard

Was viele bis zum letzten Moment nicht für möglich gehalten hatten, ist Realität geworden: Mit dem Sieg von Milan Ftácnik bei den Kommunalwahlen erlebt die slowakische Hauptstadt Bratislava, bisher immer eine Hochburg der Rechtsparteien, zum ersten Mal seit der Wende einen Machtwechsel.

Angetreten ist Ftácnik mit Unterstützung der stärksten slowakischen Oppositionspartei Smer, viel Akzent hat er aber immer auf seine Parteilosigkeit gesetzt. Als Einziger der ursprünglich sieben Kandidaten für den Oberbürgermeisterposten gab der als sehr offen geltende Politiker schon zu Jahresanfang seine Kandidatur bekannt. "Reden wir zusammen über Bratislava" , lautete sein Motto. Politik werde in der Hauptstadt hinter verschlossenen Türen gemacht, begründete er seine Bewerbung, das müsse sich ändern.

Mit Bratislava ist Ftácnik schon sein ganzes Leben lang verbunden: Hier wurde der überzeugte Linkspolitiker 1965 geboren, hat Gymnasium und Hochschule besucht, geheiratet. Der studierte Kybernetiker hat die Mathematisch-physikalische Fakultät der Comenius-Universität in Bratislava absolviert. Bis heute sieht sich der Hochschulpädagoge und Mitautor eines Lehrbuches über künstliche Intelligenz als Lehrer mit Leib und Seele.

Auch die Politik ist Ftácnik vertraut: Viermal wurde er zum Parlamentsabgeordneten für die einst mitregierende Partei der demokratischen Linken (SDL) gewählt, zwischen 1998 und 2002 war er Bildungsminister in der ersten Regierung von Mikulaš Dzurinda. Zu einem Erfolg dieser Zeit gehört die Einführung von Computern an slowakischen Schulen.

Aus seiner kommunistischen Vergangenheit, die ihm Kritiker vorwerfen, macht Ftácnik kein Geheimnis: 1980 trat er der Kommunistischen Partei bei, nach der Wende beteiligte er sich an der Transformation der Kommunistenvereinigung in die SDL. 2002 beendete er diese Mitgliedschaft und begründete die Sozialdemokratische Alternative SA mit, die schließlich mit der Linkspartei Smer fusionierte. Auf Kommunalebene arbeitete Ftácnik als Stadtratsabgeordneter, 2006 wurde er Bürgermeister von Petržalka, dem größten Stadtteil von Bratislava.

Ftácniks Bruder ist Schachweltmeister, seine Frau Zlatica lernte er auf der Hochschule kennen. Er hat zwei Kinder. Neben Skifahren und Volleyball gehört tägliche Morgengymnastik zu seinem Sportprogramm. (Renata Kubicová/DER STANDARD, Printausgabe, 29.11.2010)