Graz - Sogenannte nanokristalline Metalle sind außerordentlich hart. Nun ist das Institut für Materialphysik der Technischen Universität Graz den strukturellen Geheimnissen dieser Werkstoffe das auf der Spur. Jüngst konnte dort ein Team nachweisen, dass die besondere Funktionalität der Materialien mit der "Unordnung" in ihrem atomaren Aufbau zusammenhängt.

"Im Vergleich zu grobkristallinen Varianten weisen nanokristalline Metalle bessere mechanische Eigenschaften auf", so Roland Würschum vom Institut für Materialphysik der TU Graz. Sie sind hart und im optimalen Fall auch plastisch verformbar, d.h. sie halten mechanischer Belastung stand. Herstellen lassen sich diese neuen Werkstoffe zum Beispiel, indem man grob kristalline Metalle unter Hochdruck plastisch stark verformt, wie es u.a. bei der High Pressure Torsion (HPT) der Fall ist.

"Atomare Defekte" mit positivem Effekt

Bei der Herstellung schleichen sich atomare Defekte ins Ausgangsmaterial ein. "Sie sind für die gewünschten positiven Effekte des Zielmaterials verantwortlich", sagte Würschum im Gespräch mit der APA. Die Grazer Forscher sind dem Verständnis dieser - von den Produzenten gewollten - atomaren Fehler "einen wesentlichen Schritt" nähergekommen, so der Professor für Materialphysik am Institut für Technische Physik der TU Graz.

Nanokristalline Metalle setzen sich aus unzähligen Kristalliten bzw. Körnern zusammen, die meist kleiner sind als hundert Nanometer. Je kleiner die Körner, desto fester das Metall. Während im Normalfall die Atome im Metall schichtweise dicht gepackt in Reih und Glied liegen, wird die Ordnung bei der Herstellung der Metalle unter Hochdruck gebrochen. So liegen u.a. bestimmte Schichten nicht direkt übereinander bzw. einige Atome fehlen oder Reihen sind gegeneinander versetzt. Diese "Fehler" haben die Grazer Materialphysiker mit Hilfe der Positronenstrahlung untersucht und direkt nachweisen können. "Ziel unserer Grundlagenforschung ist ein umfassendes Verständnis der Defekte", so Würschum.

"Positronen"-Spionage

Im Zuge der Positronenannihilations-Spektroskopie werden Positronen (positiv geladen) in den Festkörper eingebracht. Treffen ein Positron und ein Elektron aufeinander, löschen sie sich gegenseitig aus und zerstrahlen. An jenen Stellen, wo atomare Defekte vorliegen, gibt es weniger Elektronen und damit auch weniger Zerstrahlungsereignisse. Die Positronen dienen also quasi als Spione, die detaillierte Auskunft über die atomaren Defekte geben.

Parallel dazu hat man die Materialproben der Ausgangsmetalle Kupfer und Nickel mit Hilfe der Dilatometrie (der Messung der makroskopischen Längenänderung) untersucht und in Kombination der jeweiligen Ergebnisse den Nachweis erbracht, dass die gewünschten positiven Effekte der nanokristallinen Metalle tatsächlich leerstellenbedingt sind. Ihre Ergebnisse hat die Forschergruppe in der jüngsten Ausgabe der Physical review Letters veröffentlicht. Für ihre Untersuchungen nützten die Forscher den Positronenstrahl mit der weltweit höchsten Intensität, den FRM II der TU München. (red/APA)