Die neuartige Multireflexionszelle ist eine Entwicklung der Forschungsstelle für Atmosphärische Chemie der Universität Bayreuth. Der innere Durchmesser der Zelle beträgt 6 cm.

Foto: Chr. Wißler

Bayreuth - Dank der Entwicklung einer neuartigen Multireflexionszelle können nun Prozesse der Aerosolbildung in der Erdatmosphäre  untersucht werden. Chemische Vorgänge in der Erdatmosphäre haben entscheidende Auswirkungen auf Wetter und Klima. Für zuverlässige Prognosen werden daher möglichst präzise Informationen darüber benötigt, aus welchen Gasen sich die Luft zusammensetzt, welche Schadstoff-Partikel darin enthalten sind und welche chemischen Reaktionen in verschiedenen Schichten der Atmosphäre ablaufen.

Mit diesen Fragen befasst sich an der Universität Bayreuth die Forschungsstelle für Atmosphärische Chemie. Im Mittelpunkt des Interesses stehen dabei Aerosole, gemeint sind feste oder flüssige Partikel, die sich in der Luft verteilen und nur einen Durchmesser von rund 100 Nanometern haben. Solche Gemische aus Luft und winzigen Partikeln entstehen täglich in der Troposphäre, der untersten Schicht der Erdatmosphäre. In der Bayreuther Forschungsstelle können sie mithilfe von Aerosolkammern künstlich erzeugt werden. Die in diesen Gemischen ablaufenden chemischen Reaktionen und die daraus resultierenden Stoffe lassen sich hier mit hoher Genauigkeit bestimmen. So wird es möglich, die komplexen Vorgänge in der Atmosphäre besser zu verstehen.

Lichtstrahl im Aerosol-Luftgemisch

Eine besondere Herausforderung für derartige Untersuchungen ist die Tatsache, dass die winzigen Aerosol-Partikel oft nur in einer sehr geringen Konzentration in der Luft verbreitet sind. Dies gilt auch für die künstlich erzeugten Gemische, die den realen Verhältnissen in der Troposphäre möglichst nahekommen sollen. Deshalb werden spezielle Verfahren der Infrarot-Spektroskopie eingesetzt, die in der Lage sind, die Partikel aufzuspüren und chemisch zu identifizieren. Wenn ein Lichtstrahl ein Aerosol-Luftgemisch durchläuft, liefert die Weise, wie er dabei absorbiert wird, wichtige Hinweise auf die Zusammensetzung des Gemisches und die darin ablaufenden Reaktionen. Diese Informationen können umso präziser sein, je länger die Strecke ist, die der Lichtstrahl zurücklegt.

Mit einer neuen technischen Entwicklung ist es einem Forschungsteam um Johannes Ofner und Heinz-Ulrich Krüger nun gelungen, auf einfache Weise eine Weglänge des Lichtstrahls zu erzeugen, die sich mit bisherigen Messapparaturen so nicht erreichen ließ. Es handelt sich um eine neuartige kreisförmige Multireflexionszelle, die den Lichtstrahl in ihrem Zentrum bündelt und hier eine hohe Lichtintensität bewirkt. Von ihren Bayreuther Erfindern ist sie in der Zeitschrift Applied Optics vorgestellt worden.

Exakte Justierung möglich

Das Zentrum der Zelle ist ein Innenraum, der von einem kreisrunden Ring aus Aluminium eingefasst ist. Um optimale Bedingungen für die Lichtreflexion zu herzustellen, ist die innere Oberfläche des Ringes optisch poliert und gewölbt; die Wölbung entspricht dabei exakt einer Kugeloberfläche. In dem Ring befinden sich zwei winzige Löcher, durch den der Lichtstrahl ein- und austreten kann. Das optische System außerhalb der Zelle macht es möglich, die Richtung des Strahles und die Weglänge exakt zu justieren.

Die Pointe der gesamten Konstruktion besteht darin, dass der Lichtstrahl infolge zielgenau gesteuerter Reflexionen den Hohlraum mehrfach durchläuft. Die dabei zurückgelegte Wegstrecke ist weitaus einfacher herzustellen als mit bisherigen, mehr Raum beanspruchenden Multireflexionszellen. Und sie lässt sich, was ein weiterer Vorteil ist, von außen wesentlich einfacher justieren - eben dadurch, dass die Reflexionspunkte sowie die Eintritts- und Reflexionswinkel exakt festgelegt werden.

Die neuartige Multireflexionszelle ist Teil einer Versuchsanordnung, in der ein Aerosolströmungsreaktor mit einem Infrarotspektrometer verkoppelt wird. "In unserer Forschungsstelle können wir jetzt ohne höheren technischen oder finanziellen Aufwand die Aerosolbildung in der Atmosphäre mit einer sehr hohen Präzision untersuchen. So gewinnen wir neue Erkenntnisse über die Auswirkungen von Industrieabgasen, aber auch von natürlichen Emissionen," erklärt Ofner. (red)