"Eigentlich passt hint' und vorn nix zusammen." Helga Kromp-Kolb in ihrem Thonet-Schaukelstuhl, der sie an ihre Kindheit erinnert.

(Foto: Lisi Specht)

Foto: Lisi Specht

Die Klimaforscherin Helga Kromp-Kolb wohnt in einer Jugendstilvilla bei Schönbrunn. Demnächst, erfuhr Wojciech Czaja, wird das Haus energetisch aufgerüstet.

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"Wir sind mitten im Planungsprozess. Mein Mann und ich haben vor, unser altes Haus - das ist eine Jugendstil-Villa aus dem Jahr 1913 - thermisch zu sanieren und endlich erneuerbare Energien einzubauen. Das ist längst überfällig!

Der größte Schwachpunkt sind die Fenster. Denn die Fenster, die heute am Markt erhältlich sind, passen stilistisch nicht. Sie haben bei weitem nicht die Feingliedrigkeit der alten Sprossen wie vor 80, 90, 100 Jahren. Nachdem das Haus aber in einer Schutzzone steht, gleich neben dem Schlosspark Schönbrunn, haben wir ein Problem: Der Bauphysiker will moderne, thermisch dichte Fenster, gleichzeitig wehrt sich unser Stilgefühl!

Also haben wir beschlossen, mit dem Fenstertausch noch ein bisschen zuzuwarten. Es befindet sich gerade ein Produkt in Entwicklung, das trotz schlanker und historisch verträglicher Profilstärken beste bauphysikalische Werte an den Tag legt. In ein, zwei Jahren sollte es dann am Markt sein. Dann werden wir auch das in Angriff nehmen.

Vorerst also ohne Fenster: Wir werden das Dach ordentlich dämmen und in diesem Zuge mit sogenannten Wiener Taschen neu eindecken. Gleichzeitig werden wir auf der südseitigen Dachfläche eine Fotovoltaik-Anlage mit 30 Quadratmetern einbauen. Die Fläche ist zum Garten hin orientiert, von der Straße aus wird also nichts zu sehen sein. Durch die Fotovoltaik-Anlage bekommen wir eine Leistung von etwa fünf Kilowatt. So können wir die CO2-Emissionen reduzieren und nebenbei Stromkosten sparen.

Früher oder später wird man sich von den aktuellen, rein konservativ ausgerichteten Denk-malschutz-Bestimmungen verabschieden müssen. Österreich hat eine Fülle an historischen, energetisch problematischen Bauten. Das Wohnen in einem solchen Haus wird angesichts der Energieverknappung in absehbarer Zeit nicht mehr leistbar sein.

Was die Wohnung selbst betrifft: Ein Jugendstil-Haus gibt einen ganz bestimmten Stilduktus vor. Man möchte konsequent sein, man kann hier unmöglich Bauernmöbel aufstellen. Das heißt aber nicht, dass ich mit der derzeitigen Einrichtung zufrieden bin. Mein Mann und ich gehen etwa um sieben aus dem Haus, kommen zwischen zehn am Abend und Mitternacht wieder heim. Da bleibt wenig Zeit und Energie, um über Möbel nachzudenken. Und es würde auch nicht genügen, in Möbelkatalogen zu blättern. Man muss schon suchen, um das Richtige zu finden!

Eigentlich passt hint' und vorn nix zusammen. Die Couch ist zu dunkel, also haben wir einen weißen Überwurf. Diese Hilfsmaßnahme ist absolut unbefriedigend. Der Beistelltisch ist ein zusammengebasteltes Ding aus verchromten Beinen und einer Marmorplatte, die eine gefühlte Tonne wiegt. Und der Kamelsattel mit dem roten Überzug stammt aus Pakistan. Das ist ein Zeitzeuge meiner Kindheit. Mein Vater war Diplomat, wir haben damals in Indien und Pakistan gelebt.

Den roten Schaukelstuhl habe ich übrigens aus dem Dorotheum. Er ist schön, aber unpraktisch. Der Schwerpunkt ist viel zu weit vorn. Man hat das Gefühl, dass man hinausgeworfen wird. Trotzdem: Er erinnert mich an meine Großeltern. Als Kind habe ich bei ihnen immer stundenlang geschaukelt. Seitdem habe eine emotionale Bindung zum Schaukeln. Das ist für mich ein Inbegriff des Zuhauseseins." (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 27./28.11.2010)