Was macht das moderne Traiskirchen aus? Ein kommunales Integrationsprojekt sucht nach Antworten.

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Traiskirchen - Vor einiger Zeit, schildert Corinna Häsele, habe ein Raubüberfall auf eine Tankstelle in Traiskirchen stattgefunden. "Allen im Ort war sofort klar, wer es gewesen sein muss: einer aus dem Lager", erinnert sie sich.

Doch es war in Wirklichkeit "ein Ur-Traiskirchener", berichtet die Psychologin und Soziologin, die in der 18.590-Einwohner-Stadtgemeinde südlich von Wien das Integrationsprojekt "Interkulturalität und Heimat" durchführt. Dabei gehe es "nicht um das Flüchtlingslager", aber dieses sei "immer präsent", sagt sie.

Dabei sei die Stadtgeschichte auch abseits der ehemaligen k. u. k.-Kadettenschule weitergegangen, die sämtliche Flüchtlingswellen der Zweiten Republik aufgenommen hat. Gastarbeiter bei Semperit, Einwandererfamilien aus Wien: "In unserer Sport- und Informatikhauptschule haben derzeit 40 Prozent aller Schüler Migrationshintergrund", erläutert Stadtrat Andreas Babler (SP).

Ihnen hat Häsele, die das Projekt nach der Transcend-Methode des Friedens- und Konfliktforschers Johan Galtung durchführt, die Frage gestellt, was für sie denn "Heimat" sei. Die Antworten sind seit vergangenem Freitag in einer Schulausstellung zu lesen: "Österreich", "Bosna", "Türkei", "die SCS", "meine Familie", "wo man sich zu Hause und frei fühlt", haben die 10- bis 15-Jährigen auf Flipcharts notiert. Haben Bilder von Weingärten und Kirchtürmen der Umgebung gemalt. Haben gemeinsam gekocht, jeder Spezialitäten aus "seinem" oder "ihrem" Herkunftsland.

Im neuen Jahr wird die Schau ins Rathaus übersiedeln, um Diskussionen auszulösen. Das Ziel, so Häsele: "Dass langsam eine neue Traiskirchener Identität entsteht. Eine multikulturelle." Dann könne man vielleicht auch objektiver übers Flüchtlingslager reden. (bri, DER STANDARD; Printausgabe, 30.11.2010)