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Wer in Österreich vorbetet, hat meist nicht hier studiert - Ausbildungen für Imame gibt es an heimischen Bildungseinrichtungen nicht

Foto: REUTERS/Christian Charisius

Ihre Religion mit der Gesellschaft in Verbindung zu bringen: Das sei das Ziel des Uni-Lehrgangs "Muslime in Europa", den soeben 26 Imame und SeelsorgerInnen absolviert haben. So sieht es Lehrgangsleiter Ednan Aslan als seine Aufgabe, den hier lebenden Imamen neue Kompetenzen zu verleihen - Kompetenzen, "die ihnen helfen, aus einer Isolationstheologie herauszukommen", sagt Aslan anlässlich des feierlichen Abschlusses des ersten Jahrgangs.

Mehr als nur Predigen

Rund 350 Imame gebe es in Österreich - "und niemand weiß genau, was sie machen", meint Aslan. So gehe das Imam-Sein über das Halten des Freitagsgebets weit hinaus. Vom Managen des Lebensmittelshops in der Moschee bis zum Organisieren von Fußballteams reichten die Aufgaben.

Erkan Erdemir, der in den letzten zwei Jahren 25 Mal von Salzburg nach Wien gependelt ist, um hier ein Wochenende lang Fächer wie Sozialpädagogik, Recht, Genderwissenschaft und "Islam in Europa" zu studieren, sieht sein Wissen in diesen Belangen nun vertieft - wobei er betont, "schon vorher viele Kompetenzen gehabt" zu haben. Erdemir arbeitet als Religionslehrer und Seelsorger in Salzburg. Auf die Frage, welche Ziele er sich für die künftige Arbeit setzt, sagt er: "Ich will den Leuten in meiner Umgebung zeigen, dass es kein Problem ist, Moslem in Österreich zu sein."

Wobei auch die Mehrheitsgesellschaft hier noch etwas aufzuholen habe, glaubt Aslan: "Die Menschen sehen in Imamen irgendwelche Türken mit Mützen auf dem Kopf, die eines Tages wieder verschwinden werden, weil die Muslime ihre Religion ablegen. Aber so funktioniert das nicht."

Kein Islam-Studium

Der Lehrgang wolle die Imame mit der österreichischen Gesellschaft, ihren Strukturen, aber auch dem Säkularismus vertraut machen, er sei aber keine theologische Ausbildung, wie Aslan betont. An einer solchen mangle es in Österreich weiterhin: Während in Deutschland ab dem nächsten Jahr drei Universitäten das Hochschulstudium der Islamischen Theologie anbieten werden, wobei einer der Lehrstühle mit einem Österreicher besetzt wurde, "können wir in Österreich davon nur träumen", sagt Aslan. "Die Entwicklungen der letzten Jahre in Österreich haben gezeigt, dass wir noch einen weiten Weg vor uns haben."

In Österreich tätige Imame werden von den einzelnen Kulturvereinen bestellt, der überwiegende Teil ist nicht hier geboren. Ednan Aslan sieht dies mit Skepsis: "Wenn jemand aus Afghanistan oder Pakistan kommt, hat er große Probleme, die demokratischen Strukturen hier zu verstehen." Längerfristig auf eine Imame-Ausbildung in Österreich zu verzichten, ist laut Aslan "ein Luxus, den sich dieses Land nicht leisten kann." 

92 Prozent türkeistämmig

Zwei Drittel der Teilnehmenden am Lehrgang ist älter als 35 Jahre, ein Drittel der AbsolventInnen sind Frauen. Wobei die weiblichen Absolventinnen nicht als Imame arbeiten dürfen - nur Männer sind als Prediger zugelassen. 92 Prozent sind türkeistämmig, der Großteil lebt in Wien und Salzburg.