Übers Handy Echtzeit-Infos zu jedem Standort abrufen: Mit ihrem Wikitude-World-Browser hat die Salzburger Firma Mobilizy den Durchbruch geschafft.

Foto: Mobilizy

Der Prophet gilt nichts im eigenen Land, sagt ein Sprichwort. Philipp Breuss-Schneeweis ist zwar kein Prophet, sondern Computerwissenschafter. Ganz verstanden fühlte er sich in Österreich anfangs mit seiner Innovation jedoch auch nicht. Denn "Wozu brauch' ma des"? Konkret eine Smartphone-Anwendung, die mittels GPS-Daten genau errechnet, vor welcher Sehenswürdigkeit man sich befindet und zu dieser Zusatzinformationen wie Wikipedia-Einträge aus dem Internet bereitstellt.

Auszeichnung bei Android Developer Challenge

Der Halleiner hat sich von der österreichischen Innovations-Skeptik nicht beeinflussen lassen. Seit sein sogenannter Augmented-Reality-Browser Wikitude 2008 eine Top-50-Auszeichnung bei der Google Android Developer Challenge einheimste, klettert er sukzessive die Leiter zum internationalen Erfolg empor. 2009 wagte er mit der Software den Sprung in die Selbstständigkeit.

Mittlerweile arbeiten bei dem Salzburger Start-up Mobilizy insgesamt zwölf Leute. Zu den Kunden von Mobilizy gehören mittlerweile internationale Konzerne wie Red Bull, Nokia, Ogilvy und Lonely Planet. Ein Mitarbeiter kümmert sich seit kurzem um potenzielle Kunden im kalifornischen Silicon Valley.

Internetgemeinde als Katalysator

Als einer der wichtigsten Katalysatoren bei Innovationen entpuppt sich die Webgemeinschaft. Die von Mobilizy entwickelten Softwareprototypen wurden der großen Nutzergemeinde zum Ausprobieren zur Verfügung gestellt. Rund 500.000-mal wurde Wikitude allein im Jahr 2009 aus dem Internet heruntergeladen. "Damit lässt sich schnell Aufmerksamkeit generieren", sagt Breuss.

Und die braucht ein junges Unternehmen, um jene anzuziehen, die für den nächsten Entwicklungsschritt, die nationale und internationale Marktbearbeitung, unabdingbar sind: Investoren. Es sei zwar auch viel Glück dabei gewesen, gibt sich Breuss bescheiden, "aber bei uns hat das super geklappt". Die österreichischen Risikokapitalgeber Gamma Capital und Tecnet sind diesen Oktober bei Mobilizy eingestiegen. Die Höhe der Beteiligung beziffert Breuss vage mit "zwischen einer und fünf Millionen Euro".

Wikitude Drive

The "next big thing" aus der Ideenschmiede ist "Wikitude Drive". Ein Navigationssystem, das ohne Kartenmaterial auskommt. Dem Autofahrer wird über eine eingebaute Kamera der Blick durch die Windschutzscheibe wiedergegeben. Das Echtzeitbild wird von den entsprechenden Zusatzinformationen (Richtungspfeilen) überlagert.

Kann Breuss sich vorstellen, sein "Baby" eines Tages herzugeben? "Klar. Ein Merger ist ein Thema. Wenn das Investment gut ist, kann man dann mit viel mehr Ruhe zuschauen, wie das Kind erwachsen wird." (kat/ DER STANDARD Printausgabe, 30. November 2010)

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