Fein für den Naturgenuss: Cabrio. Übrigens: Trotz mehr Leistung konsumiert der GTS nicht mehr Sprit als der Carrera S.

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Fein gegens Verrutschen: Alcantara an Lenkrad und Sitzen.

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Fein für die Ohren: Auspuffsystem.

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Porsche

Grafik: DER STANDARD

Da drücken sie einem also in Los Angeles, nach Absolvierung der Auto Show (Seite 12), den Schlüssel in die Hand, und man fährt los im 911 Turbo Cabrio, rauf zum Kaffeestopp nach Malibu, damit man wegen der Tempolimits nicht einbüselt, dann runter Highway No. 1 nach San Diego. Alexander von Humboldt schiebt ein dunkles Wolkerl und kaltes Lüfterl von seinem Strom im Pazifik herein – das Verdeck bleibt dennoch offen, das ist man Kalifornien als Österreicher schon schuldig, gell, Herr Gouverneur Schwarzenegger.

Endstation in San Diego: Hotel del Coronado – dort, wo 1959 der Kinospaß Manche mögen's heiß gedreht wurde (Miami lag drehtechnisch in San Diego), mit Marilyn Monroe, Tony Curtis, Jack Lemmon, unter der genialen Regie des Altösterreichers Billy Wilder.

Wilder ist auch gleich das Stichwort für die nächste Etappe, die den Standard dann nach Norden führte, Palm Springs: Wilder als ein Carrera S, aber milder als ein GT3 (erst recht als ein Turbo) gibt sich der Carrera GTS, den Porsche soeben präsentierte. Im idealen Umfeld. Denn dort hinten, in den Bergen hinter Palm Springs, da gibt es ein paar tolle Kurvenstrecken, wenig Verkehr, und wenn der Sherriff gerade nicht aufpasst, kann man auch flotter fahren als die empfohlene Richtgeschwindigkeit von 30 Meilen pro Stunde.

Der GTS, heißt es nächsten Tags bei der Pressekonferenz, soll das Lücklein füllen, das Porsches Marketingprofis entdeckt und deren Ingenieure geschlossen haben. Die Hecktrieblerlücke zwischen Carrera S (385 PS) und GT3 (435 PS) – denn manche mögen's zwar heiß wie im GT3, dabei aber auf den größeren S-Alltagsnutzen nicht verzichten. Und jetzt könnte man zwar sagen, dass man bei den unzähligen 911er-Derivaten langsam den Überblick verliert. Andererseits ist der GTS (408 PS) tatsächlich ein erstaunlich eigenständiger Charakter geworden.

Die äußeren Unterscheidungsmerkmale des GTS fallen dezent aus, aber es gibt sie natürlich. Fein für den Fahrbetrieb: breitere Spur.
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Zurück zum Fahreindruck, generiert im pittoresken Kurvenreich der San-Bernardino-Berge. GTS, Cabrio, zwecks realistischen Vergleichs zum San-Diego-Turbo. Lackiert in einem Blau, das dunkler blitzt als einst Marilyns Augen. Alcantara-Lenkrad, fantastisch griffig. GTS lenkt noch einen Tick direkter ein als der Turbo (Allradler). Liegt exzellent auf der Straße, untersteuert kaum – mit ein Resultat der Karosserieverbreiterung (32 mm) gegenüber dem Carrera S. Die Schalensitze (teils Alcantara) halten dich stets in der rechten Position. Akustik: Da schaltest du die extrige Auspuffsound-Taste gar nicht mehr aus, so fein klingt das.

Ohnehin immer auf "Sport" lässt man die Fahrwerksabstimmung dort oben in den Kurvenbergen. Erst drunten, im Tal, bei der Suche nach dem 1946 errichteten Kaufmann Desert House des österreichischen Stararchitekten Richard Neutra (1892-1970), bietet sich Zurückschalten auf "Normal" an. Etwas Komfort braucht der Mensch. Was wiederum den Ansatz von Porsche bei der GTS-Entwicklung, siehe oben, bestätigt.

Tolles Auto. Schade, dass das – Stichwort "Traumfabrik trifft Traumsportwagen" – James Dean und Steve McQueen nicht mehr erleben. Noch schader allerdings, dass so ein Auto für Normalverdiener unerschwinglich bleibt, denn jede Wette: Manche mögen's preiswerter. Darauf könnte Porsche antworten: Nobody's perfect. (Andreas Stockinger/DER STANDARD/Automobil/26.11.2010)