Die sogenannte Konfukalmikroskop-Aufnahme zeigt das wandernde Zentrosom (weißer Pfeil) bei der THN Neuronen Migration.

Foto: Reinhard Köster

Neuberberg - Wie die Zellorganellen im lebenden Organismus zusammenarbeiten, konnten Wissenschaftler des Helmholtz Zentrums München gleichsam "live" beobachten. Die Forscher haben eine Methode entwickelt, um diese Vorgänge sichtbar zu machen. Erste Entdeckung mit dieser Technik: Das Zentrosom (es ist an der Zellteilung beteiligt, Anm.) und der Zellkern stehen in wandernden Nervenzellen nicht in fester Positionsbeziehung, sondern wechseln sehr dynamisch ihre Position zueinander.

Die Forscher erhoffen mit dieser Methode mehr über die Wechselwirkungen der Zellorganellen und damit auch über mögliche Krankheitsauslöser direkt in-vivo herauszufinden. Diese Ergebnisse sind im Journal of Cell Biology erschienen.

Früheres Modell widerlegt

Ein vorherrschendes Modell der sogenannten neuronalen Migration, bei der neuronale Zellen nach ihrer Bildung an ihren späteren Bestimmungsort wandern, ging bisher von einer führenden Position des Zentrosoms aus, welches sich permanent vor dem Zellkern einer wandernden Nervenzelle befindet und die Migration steuert. Das konnten die Forscher nun anhand von Zeitrafferaufnahmen im sich entwickelnden Kleinhirn von Zebrafischen widerlegen.

Durch die gleichzeitige Färbung von unterschiedlichen Zellorganellen haben die Wissenschafter festgestellt, dass das Zentrosom und der Zellkern nicht in starrer Positionsbeziehung zueinander stehen, sondern sich in ihrer führenden Position abwechseln. Das hat weitreichende Konsequenzen für die Organisation des Zellskeletts.

Neue Erkentnisse über neuronalen Erkrankungen

Die fehlerhafte Koordination von Zentrosom- und Zellkerndynamik verursacht schwerwiegende neuronale Krankheiten im Menschen, wie etwa Lissenzephalien (eine Fehlbildung des Gehirns, bei der die Großhirnrinde nicht gefaltet, sondern glatt ist, Anm.). Die Möglichkeit die an der Migration beteiligten Organellen direkte zu beobachten, liefert daher wichtige Erkenntnisse über die Entstehung dieser neuronalen Erkrankungen. Und noch eine weitere Entdeckung gelang den Wissenschaftlern dank der in-vivo Beobachtungstechnik: das Auswachsen von Axonen hängt ebenfalls nicht von der Lage des Zentrosoms ab und erfolgt bereits frühzeitig während der Migration.

"Die Aussichten dieser Methode sind vielversprechend", sagt Reinhard Köster vom Helmholtz Zentrum München, "denn mit dieser Art von Färbungen können beliebige Zellbestandteile eingefärbt und gleichzeitig Krankheitsgene exprimiert werden." So können die Vorgänge in den Zellen besser nachvollzogen und neuronalen Erkrankungen besser auf den Grund gegangen werden. (red)