Häupl: "Eine Schwächung der Landeshauptleutekonferenz werde ich sicher nicht hinnehmen."

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Standard: Warum ist Franz Voves so böse auf Sie?

Häupl: Wenn man sich bemüht, einen Kompromiss in einer politisch schwierigen Frage zu finden, dann war meine Bemerkung nach der Landeshauptleutekonferenz mehr als entbehrlich. Das gebe ich zu. Das war der Kompromissfindung nicht dienlich.

Standard: Voves störte nicht nur Ihre Aussage "Ich hoffe, er kennt seinen Kompromissvorschlag wenigstens selbst", er wirft Ihnen auch vor, sich die Dinge mit Niederösterreichs Landeshauptmann Erwin Pröll beim Wein auszumachen.

Häupl: Ich habe mir gar nichts ausgemacht, sondern wir haben vereinbart, dass wir auf Kompromisssuche gehen.

Standard: Laut Bundeskanzler Werner Faymann will die SPÖ, dass die Lehrer beim Bund bleiben, auch die rot regierten Länder seien dafür. Gilt das auch für Sie?

Häupl: Wenn zu erkennen ist, dass kein Kompromiss erzielbar ist, dann tritt ein, was der Bundeskanzler gesagt hat: Die Festschreibung des Ist-Zustandes, alles bleibt, wie es ist.

Standard: Wiens Bildungsstadtrat Christian Oxonitsch meint, alle Schulkompetenzen sollten an einer Stelle gebündelt werden. Das könnten auch die Länder sein, sagt er.

Häupl: Es kommt immer darauf an, was man unter "alle" versteht. Ich rede seit Jahr und Tag davon, dass es primär darum geht, einen Bildungsplan zu erstellen, der Bildungsziele festlegt und dann vorgibt, wie man diese Ziele erreichen kann. Da geht es um didaktische Ziele und zuallerletzt um die Frage, zu wem die Lehrer gehören.

Standard: Werden Sie das Bildungsvolksbegehren von Hannes Androsch unterschreiben?

Häupl: Ich halte den Ansatz, den Hannes Androsch hier gewählt hat, für bemerkenswert und nützlich, wenn so etwas wie eine Bildungsblockade eintritt. Wenn es stimmt, was ich höre, dass Erwin Pröll den Landeshauptleute-Beschluss auf Aufhebung der 10-Prozent-Deckelung bei der Neuen Mittelschule aufkündigt - dann ist das eine Verletzung eines eindeutigen Beschlusses. Diese Blockade muss aufgelöst werden, und sehr viel anderes als ein solches Volksbegehren ist dann nicht mehr möglich, wenn man nicht die Koalition aufkündigen will.

Standard: Die Beibehaltung der Deckelung würden Sie Pröll nicht verzeihen?

Häupl: Da geht's nicht um meine Befindlichkeiten. Aber wenn wir die Beschlüsse, die wir fassen, nicht einmal selbst mehr ernst nehmen, dann ist das eine Schwächung der Landeshauptleute-Konferenz, die ich sicher nicht hinnehme.

Standard: Die Ausweitung der Neuen Mittelschule auf ganz Wien ist Teil des rot-grünen Koalitionspakts. Daraus würde dann nichts.

Häupl: Seien Sie sicher, da wird mir etwas einfallen.

Standard: Was denn?

Häupl: Das weiß ich noch nicht. Schauen wir einmal. Wir gehen unseren Weg, den Wiener Weg.

Standard: Den haben Sie auch für die außeruniversitären Forschungseinrichtungen angekündigt. Wie schaut der aus?

Häupl: Wir sind Bündnispartner dieser Einrichtungen. Es ist ja skurril. Ich ringe um Worte, um nicht wieder jemanden zu beleidigen, es sind ja immer alle gleich beleidigt. Aber der Zustand an den Universitäten selbst und der Forschungseinrichtungen außerhalb spottet jeder Beschreibung. Ich kann das nicht verstehen und will es auch gar nicht.

Standard: Wo könnte man stattdessen einsparen?

Häupl: Generell empfehle ich, das zu tun, was wir in Wien gemacht haben: keynesianische Politik. Wir müssen in der Krise investieren, wenn das Wachstum wieder funktioniert, muss man Schulden zurückzahlen.

Standard: Gespart werden könnte auch durch eine Gesundheitsreform. Wie stehen Sie zur Idee eines Bundeskrankenanstaltengesetzes?

Häupl: Grundsätzlich sind wir diskussionsbereit, persönlich kann ich mir einen bundesweiten Krankenanstaltenplan vorstellen. Es kann aber nicht das Prinzip eingeführt werden "einer bestellt, der andere zahlt", das kritisieren wir gerade im Bildungsbereich. Bund und Krankenversicherung tragen in Wien nur 46 Prozent zur Spitalsfinanzierung bei. Im Österreichschnitt sind es laut Minister Stöger zwei Drittel. Wien ist auch hier anders.

Standard: Im rot-grünen Pakt steht, man werde die Hausverwaltung Wiener Wohnen völlig neu strukturieren. Spätes Eingeständnis von Eigenfehlern?

Häupl: Generell: Das größte Manko ist das Fehlen von Hausmeistern in privaten Häusern. Da will ich ein Bundesgesetz, ich sehe nicht ein, warum die ÖVP sich da querlegt, die will nur die Hausherren mitreden lassen. Zu Wiener Wohnen: Im Wahlkampf redet man darüber nicht so offen, aber ich habe nie verhehlt, dass die Hausverwaltung Verbesserungspotenzial hat. Das gehen wir jetzt an.

Standard: Sie sagten, die Medien sollten mit dem Braut-Bräutigam-Bild aufhören, wenn es um Sie und Maria Vassilakou geht. Dennoch widerstehen auch Sie nicht der Versuchung, es zu verwenden.

Häupl: Wann denn?

Standard: Zuletzt im "Format"-Interview. Sie sagten: "Wir sind nicht verheiratet." Warum dieses Bild?

Häupl: Das war ein Fehler. Denn solche Bilder transportieren Vorurteile. Auf einem Scherzniveau kann man relativ leicht etwas ausdrücken, davon ist ja auch der Standard nicht ganz frei. Aber natürlich ist es blöd. Manchmal denke ich mir: Wahnsinnig reif sind wir alle miteinander noch nicht. (Martina Stemmer, Petra Stuiber, DER STANDARD, Printausgabe, 1.12.2010)