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Eines der Pressefotos des Jahres 2010: US-Präsident Obama mit Israels Premier Netanjahu und Palästinenserpräsident Abbas

Foto: REUTERS/Jason Reed

Wien - Die Entscheidung, ob und wie es mit dem israelisch-palästinensischen Friedensprozess weitergeht, wird täglich erwartet: Israels Antwort auf ein weitreichendes Angebots- und Garantiepaket der USA, mit dem drei Monate Siedlungsbaustopp im Westjordanland erkauft werden sollen, ist noch ausständig. Wobei das der Palästinenserführung als Grundlage für weitere Gespräche ohnehin zu wenig wäre: nicht zuletzt deshalb, weil der Stopp Ostjerusalem wieder nicht einschließen würde. Und danach, so Nabil Shaath, prominentes PLO-Mitglied und Mitglied des Verhandlungsteams seit vielen Jahren, würde die "Vertiefung der Besatzung" im Westjordanland von den USA legalisiert. Denn das Paket enthält die Zusage, dass die USA Israel nicht um einen weiteren Baustopp ersuchen werden.

Bei Vorträgen im Kreisky-Forum und am Institut für Orientalistik der Universität Wien präsentierte Shaath die palästinensische Version der Verhandlungen, die Anfang September unter großem Pomp (Bild) eröffnet worden waren. In 16 Stunden Direktgesprächen zwischen Israels Premier Benjamin Netanjahu und Palästinenserpräsident Mahmud Abbas sei keinerlei Fortschritt erzielt worden, so Shaath zum Standard.

Demnach will Netanjahu nicht nur im Osten des Westjordanlands 26 Prozent (des Territoriums des Westjordanlands) unter voller israelischer Militärkontrolle halten, sondern auch eine Zehn-Kilometer-Zone an der Westgrenze des Westjordanlands. Der Ostpuffer müsse als Puffer zu Jordanien sein, referierte Shaath die israelische Position, der Westpuffer wegen der "Schmalheit" Israels. Mehrere Verbindungsstraßen zwischen diesen israelisch kontrollierten Teilen würde das palästinensische Territorium weiter zerschneiden. Erst danach will Netanjahu überhaupt über den Rest des Westjordanlands reden.

Dekolonialisierungsrat

Nach der palästinensischen Strategie gefragt, falls es keine Verhandlungen mehr gibt, kündigte Shaath folgendes an: Die Palästinenserführung würde sich bemühen, eine Anerkennung eines palästinensischen Staates in den 1967-er Grenzen zu bekommen, nacheinander von den USA, vom UN-Sicherheitsrat, der Generalversammlung. Danach wäre ein Gang zum UN-Trusteeship-Council - dem nur mehr auf dem Papier existierenden Dekolonialisierungsrat der Vereinten Nationen - möglich, um Palästina unter dessen Verwaltung zu stellen sowie eine Anrufung des Internationalen Gerichtshofs. Und falls gar nichts mehr gehe, werde die Palästinensische Behörde aufgelöst, und Israel solle seine Pflichten als Besatzer im Westjordanland wieder voll wahrnehmen.

Als für die Palästinenser nicht akzeptabel bezeichnete Shaath einen Palästinenserstaat mit provisorischen Grenzen, den die Israelis am Horizont sehen: Es müsse endlich Schluss sein mit Provisorien, sagte Shaath. Um Israels Sicherheit zu garantieren, sind die Palästinenser bereit, internationale Truppen zu akzeptieren. (Gudrun Harrer, STANDARD-Printausgabe, 1. Dezember 2010)