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Der 47-jährige José Mourinho schluckte nach dem 0:5 kräftig. "Ich habe als Trainer noch nie so hoch verloren, Barcelona war fantastisch, die sind jahrelang gewachsen."

Foto: AP/Fernandez

Barcelona - Die Kicker von Real Madrid mussten am Montagabend kurz vor Mitternacht auf Befehl von oben schweigen. Das war allerdings mehr Lohn als Strafe. Denn die Lust, dieses fatale 0:5 in und gegen Barcelona zu kommentieren oder gar zu rechtfertigen, lag bei Cristiano Ronaldo und Co unter dem Promillebereich. Einzig Trainer José Mourinho stellte sich tapfer der Meute, der Portugiese, der mit der Eitelkeit eine harmonische Beziehung pflegt, plauderte drauf los, natürlich nicht sehr munter.

Hier einige Auszüge der Selbstgeißelung: "Ich muss schon kräftig schlucken. Das war eine historische Niederlage." "Ich habe als Trainer noch nie so hoch verloren." "Dieses Spiel hinterlässt keinen bitteren Nachgeschmack, denn wir hatten weder Pech noch sind wir vom Schiedsrichter benachteiligt worden. Das hilft aber wenigstens bei der Verdauung." "Barcelona war fantastisch, die sind jahrelang gewachsen." "Ich war hilflos und darauf bedacht, dass mein Team seine Würde behält. Auch das ist missglückt." "Wir dürfen jetzt nicht weinen, dazu fehlt die Zeit. Wir müssen Charakter zeigen."

Die spanische Presse würdigte die Unterlegenheit von Real. "Eine denkwürdige Sinfonie. Das war zu viel Barça für zu wenig Real", schrieb Marca. "Barça demütigt Real" titelte El Mundo. "Es war der Abend, an dem die Weltstars gefressen wurden." Natürlich wurden Weltstars von Weltstars verspeist, Barcelona ist ja kein Zwergenverein. Obwohl die Spieler rein körperlich in der Tat keine Riesen sind, aber sie sind begnadete Techniker und gehen ein enormes Tempo. Aufgrund ihrer Schnelligkeit entwischen sie mitunter den Zweikämpfen, die der Gegner eigentlich haben wollte. Real schaffte trotzdem sechs Gelbe Karten, Sergio Ramos wurde in der Nachspielzeit ausgeschlossen. Zumindest einmal hatte er Lionel Messi erwischt.

Messi wirbelte von der ersten Sekunde an, fädelte dutzende Angriffe ein, servierte zwei Tore, war der auffälligste Virtuose. Andrés Iniesta und Xavi lenkten im Mittelfeld und vorn traf David Villa zweimal. "Wir waren heute einfach überragend, hatten an unserem Spiel viel Freude. Real konnte nicht oder wusste nicht, wie es uns stoppen sollte. Die Dominanz im Mittelfeld war unsere Stärke. Wir sind jetzt mit den zwei Punkten Vorsprung glücklich, aber wir müssen hart weiter arbeiten", sagte Messi.

Gründer Cruyff

Den Barça-Stil haben Trainer Johan Cruyff und sein Assistent Carles Rexach vor mehr als 20 Jahren eingeführt. Die Katalanen pflegen ihn bis heute, mit beispielhafter Ausbildung von Jugendlichen und Betreuern samt Scouts. "Niemand, der in die Fußstapfen von Cruyff/Rexach tritt, sollte vergessen, was die beiden damals auf den Weg gebracht haben", sagte Coach Josep Guardiola (ein Eigenbauspieler!) nach dem Triumph. "Heute waren wir klar besser. Die Art und Weise, wie wir gesiegt haben, werden wir nicht so schnell vergessen." Der 39-Jährige hat alle fünf Klassiker in seiner Amtszeit gewonnen.

Noch einmal Mourinho: "Wir dürfen jetzt nicht weinen." (red - DER STANDARD PRINTAUSGABE 1.12. 2010)