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Die Stützräder für die staatlichen Finanzsektoren dürfen bis 2011 dranbleiben.

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Grafik: APA

Brüssel - Österreich und andere EU-Länder dürfen ihre krisenbedingten Hilfen für den Finanzsektor und die Unternehmen bis ins Jahr 2011 hinein verlängern. Die EU-Kommission beschloss am Mittwoch, die krisenbedingten Beihilfemaßnahmen, die den Mitgliedstaaten die Unterstützung des Finanzsektors vereinfacht haben, sowie den Vorübergehenden Rahmen, mit dem Unternehmen die Kapitalaufnahme erleichtert wird, bis in das Jahr 2011 hinein zu verlängern.

Diese Sondervorschriften waren Ende 2008/Anfang 2009 als Reaktion auf die durch den Untergang von Lehman Brothers ausgelöste Finanzkrise eingeführt worden, denn laut EU-Vertrag dürfen Beihilfen gewährt werden, um eine beträchtliche Störung im Wirtschaftsleben eines Mitgliedsstaats zu beheben.

Da nach Auffassung der Kommission die Voraussetzungen für die Anwendung der diesbezüglichen Bestimmungen nach wie vor erfüllt sind, sollten weiterhin punktuelle krisenbedingte Beihilfemaßnahmen möglich sein. Gleichzeitig muss jedoch für ein progressives Phasing-out dieser befristeten und außerordentlichen Unterstützung gesorgt werden.

Strengere Auflagen

Mit der Verlängerung der krisenbedingten Sondervorschriften für staatliche Beihilfen führt die EU-Kommission aber auch strengere Auflagen ein. Damit soll für ein progressives Auslaufen dieser befristeten und außerordentlichen Unterstützung gesorgt werden.

"Nachdem nun seit zwei Jahren eine besondere Krisenregelung für staatliche Beihilfen gilt, müssen wir jetzt eine schrittweise Rückkehr zu einem normalen Marktgeschehen vorbereiten", so der für Wettbewerbspolitik zuständige Vizepräsident der Kommission, Joaquin Almunia. Da aber immer noch ein gewisses Risiko einzelner Rückschläge bestehe, müsse das Auslaufen dieser Krisenvorschriften vorsichtig und vorausschauend angegangen werden.

Ab dem 1. Jänner 2011 müssen nunmehr alle Banken in der EU, die staatliche Unterstützung in Form von Kapital oder Entlastungsmaßnahmen für wertgeminderte Vermögenswerte erhalten, einen Umstrukturierungsplan vorlegen. Bisher galt dies nur für notleidende Banken, und insbesondere dann, wenn sie Unterstützungsmaßnahmen erhielten, die 2 Prozent ihrer risikogewichteten Aktiva überstiegen.

Änderung der Leitlinien zu Risikokapitalbeihilfen

Unternehmen in Schwierigkeiten sind von nun an vom Anwendungsbereich der Sondervorschriften ausgeschlossen, da ansonsten die erforderliche Umstrukturierung der Wirtschaft nicht vollzogen werden könne, so die Kommission. Hierzu zählt, dass Betriebsmittelkredite für große Unternehmen und Unterstützungsmaßnahmen für Unternehmen in Schwierigkeiten künftig nicht mehr gewährt werden dürfen. Vor allem für KMU sind aber nach wie vor Maßnahmen vorgesehen, mit denen der Zugang zu Finanzierungsmitteln erleichtert werden soll (z. B. durch subventionierte Kreditgarantien und zinsvergünstigte Darlehen). In diesen Bereichen hat sich der Markt noch nicht so weit erholt, als dass kleinere Unternehmen ihren Finanzierungsbedarf decken könnten.

Ferner beschloss die Kommission eine Änderung der Leitlinien zu den Risikokapitalbeihilfen. Dauerhaft Anwendung finden sollte nun die Erhöhung des maximalen Umfangs an Kapital oder anderen Mitteln, die die Mitgliedstaaten einem Start-up-Unternehmen gewähren dürfen. Der Plafond wurde von 1,5 Mio. auf 2,5 Mio. Euro angehoben. Die geänderten Leitlinien gelten wie vorgesehen bis Ende 2013. Zudem verlängerte die Kommission die verfahrenstechnischen Vereinfachungen für kurzfristige Exportkreditversicherungen bis Ende 2011. Gleichzeitig wurde die Geltungsdauer der geänderten Mitteilung von 1997 über kurzfristige Exportkredite bis zum 31. Dezember 2012 verlängert.

Mehr Geld

Die EU-Staaten haben im Jahr 2009 ihre krisenbedingten Staatshilfen um 38 Prozent auf 427,4 Mrd. Euro erhöht. Der Anteil der Unterstützungsmaßnahmen am Bruttoinlandsprodukt (BIP) der EU-Länder ist damit von 2,5 auf 3,6 Prozent angestiegen. Bereits 2008 vervierfachten sich die Hilfen auf 309 Mrd. Euro, nachdem 2007 nur 67 Mrd. Euro dafür aufgewendet werden mussten. In Österreich reduzierten sich die Staatshilfen 2009 auf 11,4 Mrd. nach zuvor 15,4 Mrd. Euro, geht aus der am Mittwoch veröffentlichten Herbstausgabe des Beihilfenanzeigers der EU-Kommission hervor.

Der Umfang der von der Kommission genehmigten Maßnahmen für den Finanzsektor der Mitgliedsstaaten erreichte von Oktober 2008 bis Oktober 2010 ein Volumen von 4.589 Mrd. Euro, mit Großbritannien an der Spitze mit 850,3 Mrd. Euro, gefolgt von Irland mit 723,3 Mrd. Euro. Österreich liegt mit 91,7 Mrd. Euro im Mittelfeld.

Die von den Finanzinstituten tatsächlich in Anspruch genommenen Hilfen beliefen sich 2009 auf 1.107 Mrd. Euro. 2008 waren es 957 Mrd. Euro. Auch hier führt Großbritannien mit 282,4 Mrd. Euro, gefolgt von Deutschland mit 262,7 Mrd. Euro und Frankreich mit 129,5 Mrd. Euro. In Österreich waren es 30,9 Mrd. Euro.

Den Hauptanteil mit 76 Prozent bildeten EU-weit staatliche Darlehen sowie Garantien zur Aufrechterhaltung der Interbankenfinanzierung. Auf Rekapitalisierungen einzelner Banken entfielen 12 Prozent, auf Entlastungsmaßnahmen 9 Prozent und auf andere Liquiditätsmaßnahmen 3 Prozent der staatlichen Unterstützungen.

Auch an die Realwirtschaft wurden krisenbedingte staatliche Beihilfen gewährt. Zumeist handelte es sich um Zuwendungen von bis zu 500.000 Euro pro Unternehmen, Zinszuschüsse, subventionierte Garantien oder zinsvergünstigte Darlehen für die Herstellung von Öko-Produkten. Zwischen Dezember 2008 und Oktober 2010 wurden 82,5 Mrd. Euro bereitgestellt. Verschrottungsprämien oder vorübergehende Senkungen von Sozialversicherungsbeiträgen sind dabei nicht berücksichtigt.

Die nicht krisenbedingten Beihilfen stiegen nur leicht an und machten 2009 rund 73,2 Mrd. Euro oder 0,62 Prozent des BIP aus, nach 71,8 Mrd. Euro im Jahr davor. Die Beihilfen für die Industrie und den Dienstleistungssektor machten 58,1 Mrd. Euro oder 0,49 Prozent des BIP aus. In Österreich machten sie 1,7 Mrd. Euro bzw. 1,0 Mrd. Euro aus.

Der Schwerpunkt der Beihilfen habe sich weiter auf weniger wettbewerbsverzerrende Ziele wie Forschung und Entwicklung, Umweltschutz und KMU-Förderung verlagert, sagte der für Wettbewerbspolitik zuständige Vizepräsident der Kommissar, Joaquin Almunia. (APA)