1998 eröffnete Kardinal König das Integrationshaus in Simmering, künftig hält die Fremdenpolizei dort Familien fest

Foto: STANDARD/Corn

Wien - Der gelbe Bau am äußersten Rand von Simmering diente elf Jahre lang als übergangsmäßige Unterkunft für anerkannte Flüchtlinge. Zuletzt lebten vor allem Familien aus Tschetschenien und Afghanistan dort - und wurden von Sozialarbeitern dabei unterstützt, sich nach positivem Asylbescheid langsam eine eigene Existenz in Wien aufzubauen. Letzten Frühsommer sperrte das Kardinal-König-Integrationshaus dann allerdings zu. Der Integrationsfonds, der die Einrichtung betrieben hatte, übergab das Haus dem Innenministerium.

Mit der Begründung, die Nachfrage nach den Wohnplätzen sei in den letzten Jahren gesunken, den meisten Asylberechtigten sei etwas Dauerhaftes lieber als eine Übergangswohnung, in der sie nur ein Jahr bleiben können. Gerüchte, dass aus dem Gebäude eine Einrichtung wird, die die Schubhaft ersetzen soll - ein sogenanntes gelinderes Mittel - gab es schon damals. Das Innenministerium dementierte dies aber stets. Es sei noch nicht fix, wie das Haus künftig genutzt wird, hieß es.

Warten auf Wien-Wahl 

Nun bestätigt das Innenministerium dem Standard die Pläne für ein Familien-Haftzentrum. Innenministerin Maria Fekter (ÖVP) reagiere damit auf die heftige Kritik an der Abschiebung zweier Achtjähriger im Oktober: Die beiden Mädchen waren von der Polizei zu Hause abgeholt, in Schubhaft genommen und in den Kosovo abgeschoben worden. Dass das Haus nicht vor der Wien-Wahl aufgesperrt hat, ist aber wohl auch der Wiener SPÖ nicht ganz unrecht - auf diese Weise spart sie sich einige unliebsame politische Diskussionen.

"Gelinderes Mittel"

Das gelbe Haus soll künftig verhindern helfen, dass Familien auseinandergerissen oder in ein Polizeianhaltezentrum gebracht werden. Außerdem könne man die Betroffenen dort besser auf die Abschiebung vorbereiten, heißt es aus dem Innenministerium. "Es bleibt aber natürlich trotzdem Haft", sagt Asyl-Anwalt Georg Bürstmayr. Das Haus wird von der Fremdenpolizei bewacht, die dort Untergebrachten dürfen es nicht verlassen. Eine eigene Einrichtung für Familien mit Einzelappartements sei auf jeden Fall besser als ein Gefängnis, sagt Bürstmayr. "Und es wäre unverantwortlich, die Leute vom Fleck weg abzuschieben." Im gelben Haus sollen die Betroffenen erst einmal untersucht werden - um festzustellen, ob ihnen eine Reise überhaupt zugemutetet werden kann.

Ob das gelbe Haus tatsächlich die Bezeichnung "gelinderes Mittel" verdient, bezweifelt Verfassungsjurist Heinz Mayer: "Gelinderes Mittel heißt, etwas auch ohne Haft zu erreichen - das ist hier aber nicht der Fall."

Rund um das neue Schubhaftzentrum leben rund 3000 anerkannte Flüchtlinge: Gleich daneben betreibt der Integrationsfonds weiterhin ein Haus, in dem Asylberechtigte bis zu fünf Jahre lang unterkommen. Das weitläufige Gelände der Kaiserebersdorfer Kaserne ("Macondo") dient außerdem seit den Siebzigern als Zufluchtsort für Zuwanderer mit Flüchtlingsstatus. Anfangs siedelten sich vor allem Vietnamesen und Lateinamerikaner an, viele sind bis heute dort geblieben - und leben in kleinen Reihenhäusern. (Martina Stemmer, DER STANDARD Printausgabe, 2.12.2010)