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Aufwändige Inszenierung: Kasachstans Staatschef Nursultan Nasarbajew beim OSZE-Gipfel in der Hauptstadt Astana. US-Außenministerin Clinton forderte, die Menschenrechte einzuhalten.

Foto: Reuters

Das erste OSZE-Gipfeltreffen seit elf Jahren drohte in Kasachstan am Kaukasus-Konflikt zu scheitern. Westliche Staaten forderten eine neue Mission der Organisation in Georgien - ein Tabu für Russland.

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Erfolg oder Scheitern des Gipfeltreffens der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa in der kasachischen Hauptstadt Astana lagen am Mittwoch eng beieinander. Knackpunkt: der Georgien-Konflikt. Die Forderung vor allem des Westens, aber auch anderer Länder, nach Wiederaufnahme einer OSZE-Mission auf dem gesamten georgischen Territorium - also auch in den abtrünnigen, von Russland als unabhängige Staaten anerkannten Regionen Südossetien und Abchasien - traf auf den anhaltenden Widerstand Moskaus.

Ohne Kompromiss in dieser Frage war aber keine gemeinsame Schlusserklärung möglich, die schon als Entwurf vorlag. Darin geht es um einen Aktionsplan zur Stärkung der OSZE in Krisenfällen und bei der Bewältigung neuer Herausforderungen wie Cyberattacken, aber auch um eine Bekräftigung der ursprünglichen Ziele der Organisation: Sicherheit für alle Mitglieder im politisch-militärischen, wirtschaftlich-sozialen sowie im humanitären und Menschenrechtsbereich.

Nachdem sich die Debatte um Georgien festgefahren hatte, wurde sie auf die höchste Ebene gehoben: Spitzenvertreter Russlands, der USA und der EU suchten nach einer Lösung. Gelinge sie, dann könne das auch den Durchbruch in den beiden anderen "eingefrorenen" Konflikten bringen, hieß es aus Konferenzkreisen: bei dem von der Republik Moldau abgespaltenen prorussischen Transnistrien und der von Armenien besetzten, zu Aserbaidschan gehörenden Region Berg-Karabach.

Einigung auf dem Spiel

Scheiterten die Gespräche aber, dann werde auch alles andere hinfällig, auf das man sich bisher geeinigt habe, hieß es weiter. Dann bliebe unter Umständen nur eine Gipfelerklärung des kasachischen OSZE-Vorsitzes. Für die ehrgeizigen Ambitionen der Führung in Astana und angesichts der aufwändigen Inszenierung durch den gastgebenden Präsidenten Nursultan Nasarbajew wäre das ein schmerzlicher Dämpfer.

Die kasachische Hauptstadt steht ganz im Banne des Ereignisses: OSZE-Schriftzüge auf riesigen Plakaten entlang der Straßen, Lichterglanz, weiträumige Absperrung des Konferenz-Palasts, Scharfschützen auf den Dächern.

Auch politisch beeindruckten die Gastgeber: In den überarbeiteten Entwurf der Schlusserklärung nahmen sie die Forderungen nach einem Abrücken vom Konsensprinzip hinein, um die Handlungsfähigkeit in Krisenfällen, also etwa in Georgien, zu vergrößern. Darauf hätten die Russen verschnupft reagiert, hieß es.

Die Frontstellung wurde schon kurz nach der Eröffnung des Gipfels offenkundig. Nachdem Nasarbajew die 38 Staats- und Regierungschefs, diverse Vizepremiers und Minister in einer Art Hofzeremoniell nacheinander auf der Bühne begrüßt hatte, sprach der russische Präsident Dmitri Medwedew als erster den Georgien-Konflikt an: Gewaltanwendung wie durch Georgien (im August 2008) sei "absolut unzulässig" .

US-Außenministerin Hillary Clinton, Frankreichs Premier François Fillon und die deutsche Kanzlerin Angela Merkel bekräftigten in ihren Reden fast gleichlautend die Souveränität und territoriale Integrität Georgiens. Auch Bundespräsident Heinz Fischer sprach sich für eine neue OSZE-Präsenz in Georgien aus.

Clinton forderte im Plenum die Einhaltung von Menschenrechten und Medienfreiheit zur Stärkung der Zivilgesellschaft. Nasarbajew hörte mit unbewegtem Gesicht zu. (Josef Kirchengast aus Astana/DER STANDARD, Printausgabe, 2.12.2010)