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Der Aletschgletscher in den Berner Alpen (Archivbild vom August 2007)

Foto: REUTERS/Stefan Wermuth

Bern - Die Schweizer Gletscher werden in den nächsten Jahrzehnten stark weiterschrumpfen - auch, wenn die Klimaerwärmung gestoppt würde. Zu diesem Schluss kommt eine Studie von Forschern der ETH Zürich. Diese entwickelten ein Modell, das darstellt, wie sich Länge und Volumen der Gletscher entwickeln, wenn sich Temperaturen und Niederschläge verändern. Wie die ETH Zürich am Donnerstag mitteilte, testeten sie dieses Modell an zwölf Schweizer Gletschern, für die seit über 100 Jahren Länge und Volumen gemessen werden.

Wie die Forscher im Fachmagazin "Journal of Geophysical Research" berichten, stimmten die Daten des Modells erstaunlich genau mit den gemessenen Volumenänderungen überein. Deshalb wendeten sie das Modell auch auf die Zukunft an: Sie untersuchten, wie sich die Gletscher unter verschiedenen Klima-Szenarien verändern werden.

Ergebnisse

Die Resultate zeigen, dass die Gletscher in naher Zukunft selbst dann stark schrumpfen, wenn sich das Klima nicht weiter erwärmt. Die Wissenschafter erklären dies damit, dass die Reaktion von Gletschern den Veränderungen des Klimas um Jahrzehnte oder gar Jahrhunderte hinterherhinkt.

Vor allem große, flache Gletscher schmelzen rasch: Der Große Aletschgletscher etwa wäre in 100 Jahren vier Kilometer kürzer und hätte ein Drittel seines Volumens eingebüßt, wird Martin Lüthi, Glaziologe an der Versuchsanstalt für Wasserbau, Hydrologie und Glaziologie der ETH und der Erstautor der Studie, im Communique zitiert.

Bei der prognostizierten anhaltenden Erderwärmung werde das Abschmelzen des Großen Aletschgletschers noch schneller gehen. Etwas weniger schlimm ist die Situation laut der Studie für steile Gletscher: Sie könnten sich bei konstantem Klima nach einigen Jahrzehnten stabilisieren.

"Kleine Eiszeit"

Keine gute Übereinstimmung zwischen Daten und Modell fanden die Forscher für die sogenannte "Kleine Eiszeit" von etwa 1810 bis 1850, während der die Gletscher schnell vorstießen. Dieser Vorstoß könne also nicht allein durch die Veränderung von Temperatur und Niederschlag verursacht sein, sagte Lüthi.

Grund dafür seien wohl große Vulkaneruptionen, die zwischen 1808 und 1815 in den Tropen stattfanden. Der Vulkanstaub verdunkelte die Atmosphäre - und die verminderte Sonneneinstrahlung führte dazu, dass die Gletscher wuchsen.

Bestimmung des Eisvolumens

Das Modell der Zürcher Forscher macht es erstmals auch möglich, aus den Längenänderungen eines Gletschers die Veränderung des Eisvolumens zu bestimmen. Heute ist nur von wenigen Gletschern weltweit bekannt, wie sich ihr Eisvolumen über die Jahre und Jahrzehnte verändert hat.

Die Gletscherlängen sind dagegen oft bekannt, zum Beispiel von alten Fotos. Das Ziel sei nun, bei solchen Gletschern mit dem neuen Modell auch die Volumina zu bestimmen, sagte Studienmitautor Martin Funk. (APA/sda)