Die Auseinandersetzung fossil+atomar (f+a) gegen effizient+erneuerbar (e+e) ist konkret dabei, zu einer permanenten Pattstellung beziehungsweise zu einem Endloskampf über Jahrzehnte zu verkommen: Der Anteil von e+e steigt ungefähr in dem Maß, wie die fossilen Ressourcen abnehmen - also denkbar langsam. Plus ein Prozent bis plus zwei Prozent e+e pro Jahr bedeutet: energieautonom in 40 bis 80 Jahren. Dadurch bleiben fossile Energien noch Jahrzehnte dominant, verschaffen den Energieindustrien weiterhin riesige Gewinne und festigen deren Machtpositionen dauerhaft.
Die Regierungen tun nichts, und die Katastrophe wird immer schlimmer. Politisch gibt es weltweit keine Anzeichen, dass die f+a Klima- und Umweltzerstörung ernst genug genommen wird, auch nicht in Österreich. Das Verbrennen von Kohle, Erdöl und Erdgas geht ungebremst weiter. Maßnahmen zur Klimarettung oder zum Umweltschutz, die man strategisch und engagiert nennen könnte, fehlen. Im Gegenteil, Regierungen kürzen Umweltbudgets (um zwei Drittel in Italien), verringern Ökostromförderungen (die Deutsche Energie Agentur Dena fordert minus 90 Prozent für die Fotovoltaik) und forcieren die Atomkraft.
Perpetuum mobile
Das "Perpetuum mobile zentralisierter Energiegewinne": e+e und f+a sind nicht miteinander kompatibel: Das zentralistische f+a-System basiert auf Monopolen und endlichen, umweltzerstörerischen und teuren Primärenergieträgern. e+e funktionieren mittels vieler dezentraler Anlagen und Maßnahmen sowie kostenloser, nachhaltiger Primärenergien. Energiekonzerne zentralisieren die e+e-Zukunft, um auch künftig herrschen zu können (zum Beispiel Desertec-Solarstrom aus der Sahara: Alle 16 Landesumweltminister Deutschlands sind dafür), und setzen neuerlich auf Importe und politische Unsicherheit. Zugleich werden e+e-Unternehmen und e+e-Technologien aufgekauft, um deren Einsatz für den Machterhalt zu kontrollieren (das heißt: zu verzögern).
Profit durch Katastrophen
An der Beseitigung der immensen Klimafolgeschäden groß zu profitieren, ist ebenfalls Teil ihrer Langfriststrategie. f+a-Konzerne "retten" die Menschheit - aus f+a-bedingten Katstrophen. Wer hier Verschwörungstheorien vermutet, sei an Atomstrom erinnert: Er wurde und wird produziert, war nie wirtschaftlich - und wird es nie sein. Es geht um Macht.
Fossilenergien und Uran reichen nicht einmal für hundert Jahre. Das Energieangebot aus Sonne, Wind, Wasser, Biomasse und Erdwärme deckt tausendfach den Weltenergiebedarf. Die alles entscheidenden Jahre für die Energiewende sind jetzt, nicht in zehn Jahren, wenn e+e völlig unökonomisch zentralisiert sind und immens teure Klimakatastrophen zum Alltag gehören werden.
Die e+e-Technologien ersetzen quantitativ und qualitativ problemlos f+a: Sie sind ausreichend am Markt verfügbar und haben zahllos bewiesen: Die Energiewende ist sofort machbar. Zudem haben e+e technologisch noch enormes Potenzial, werden stetig billiger und schaffen viel mehr Arbeitsplätze, als das f+a je könnten.
e+e sind auch deutlich wirtschaftlicher als f+a. Nur durch den unermesslichen Werbe-, PR-, Lobbying-, "Politiksponsoring"- und Schmiergelddruck gelingt es dem f+a-Energiesystem heute und bis auf weiteres vorzugaukeln, f+a wäre ökonomischer als e+e. Volkswirtschaftlich ist der Gegenbeweis sofort erbracht, wenn eine Gesamtkostenrechnung angestellt wird.
Nur die vielen, teils subtilen Bevorzugungen (zum Beispiel die Agrardiesel-Förderung in Österreich, Kohle-Pfennig in Deutschland) erwecken den falschen Eindruck, f+a wäre wenigstens betriebswirtschaftlich wettbewerbsfähig. Und dort, wo e+e Erfolgsgeschichten schreiben, kommt es mittlerweile, kaum verwunderlich, zu massiven Behinderungen (so wurde etwa der Vorrang für die Netzeinspeisung von Umwelt- und klimafreundlichem Ökostrom in Deutschland 2009 abgeschafft; bei uns gab es ihn nie).
Energieautonomie
Diverse Umfragen zeigen, die Bevölkerung und die Gemeinden wollen rasch energieautonom werden. Die Energiemonopolitik widersetzt sich dem mit viel Geld und vielen Lügen. Innerhalb der Wirtschaft hintertreiben einige wenige, meist stromintensive, jedoch zugleich sehr mächtige Industriezweige (Erdöl, Erdgas, Strom, Papier und Stahl) die Energiewende - und beschleunigen wissentlich die Klima- und Umweltzerstörung.
Wenn etwas zerstörerisch, sehr gefährlich und zu teuer ist, gehören die besseren Alternativen massiv und rasch unterstützt. Cancún hin oder her! (Fritz Binder-Krieglstein/DER STANDARD, Printausgabe, 3. Dezember 2010)