Ende Juni feiert das Architekturzentrum Wien sein zehnjähriges Bestehen. Trotz internationaler Reputation, die sein Haus erlangen konnte, legt Gründungsdirektor Dietmar Steiner die Stirn in Sorgenfalten: Der Bund unterstützt das AzW nicht im einst vereinbarten Ausmaß.
Wien - Im Frühjahr 1992 kamen Ursula Pasterk, damals Kulturstadträtin von Wien, und Rudolf Scholten, zu jener Zeit Kunstminister, überein, den Vorschlag von Dietmar Steiner, ein Architekturzentrum zu gründen, aufzugreifen. Und sie beschlossen, sagt Steiner, dass die Stadt zwei Drittel der Kosten übernimmt, der Bund ein Drittel.
Im Juni 1993 wurde das Architekturzentrum Wien als eine der Pionierinstitutionen im Museumsquartierareal eröffnet. Als Provisorium: Die Büros waren in Baucontainern untergebracht. Die Stadt zahlte umgerechnet rund 364.000 Euro, der Bund die Hälfte davon (182.000 Euro).
Seither hat sich das AzW respektabel vergrößert: Es verfügt nun über 2000 Quadratmeter Nutzfläche. Seit 1993 organisiert man jährlich den Wiener Architektur Kongress, 1995 wurde mit dem Aufbau der Datenbank Architektur Archiv Austria (AAA) begonnen, die seit 1997 über das Internet abrufbar ist.
1999 erwarb die Stadt Wien das Archiv des Architekturtheoretikers Friedrich Achleitner, eine Dokumentation der österreichischen Baugeschichte des 20. Jahrhunderts mit mehr als 20.000 erfassten Objekten, und übertrug sie dem AzW zur Weiterentwicklung. Seit dem April 2000 wird zudem die Theoriezeitschrift hintergrund herausgegeben. Und im "Oktogon", der ehemaligen Ponyreithalle, die auf Wunsch von Kaiserin Sisi errichtet wurde, ist die erste öffentlich zugängliche Architekturbibliothek Österreichs untergebracht: Sie umfasst 2000 Titel und 80 Architekturzeitschriften aus aller Welt.
Die Stadt vervierfachte bis heute die Subvention: auf 1,45 Millionen Euro. Aber der Bund verdoppelte seine nur: auf 364.000 Euro. Und steuert damit bloß ein Fünftel bei - statt einem Drittel. Die mannigfaltigen Aufgaben aber kosten Geld: Laut Steiner wären 2,9 Millionen Euro notwendig. "Alles darunter führt zu Leistungseinschränkungen. Ich verlange vom Bund, dass er Verantwortung übernimmt. Die Stadt Wien kann nicht die Hauptlast für eine Institution tragen, die eine für Österreich relevante Arbeit erbringt."
Konkret sieht sich Steiner gezwungen, vom Konzept, die beiden je 300 Quadratmeter großen Hallen permanent mit Wechselausstellungen zu bespielen, abzukehren: Die "neue Halle" soll künftig eine semipermanente Schausammlung beherbergen. Was, wie Steiner hofft, zur Folge haben müsste, dass sein AzW als "Museum" anerkannt wird - und Subventionen von Bildungsministerin Elisabeth Gehrer erhält. Seine Probleme mit ihr zu erörtern, sei ihm leider nicht möglich: "Wir kriegen seit zwei Jahren keinen Termin."
Ärgern muss sich Steiner auch immer wieder über Wolfgang Waldner, den Chef des Museumsquartiers. Denn die blauen Hartschaumliegen, die auch im Staatsratshof als "Sommermöblierung" aufgestellt wurden, passen seiner Meinung nach überhaupt nicht zur laufenden Ausstellung über den Architekten Jan Kotera (1871-1923).
Und noch immer empfindet er es als reine Schikane, dass die Büros im ersten Stock nicht ineinander übergehen: Ein Lager der MQ-Betriebsgesellschaft trennt die Verwaltungsräume in zwei Teile, die daher nur über verschiedene Stiegenhäuser zu erreichen sind. Steiner hat daher schon vor zwei Jahren einen Tausch der Räume vorgeschlagen - bisher erfolglos. Auf Anfrage des STANDARD erklärte Waldner, dass man über einen solchen sehr wohl reden könne. (DER STANDARD, Printausgabe, 6.5.2003)