Belgrad/Podgorica - In Montenegro erfolgt am kommenden Sonntag der dritte Versuch, einen neuen Präsidenten zu wählen. Sowohl der erste Wahlgang am 22. Dezember des Vorjahres als auch die Wiederholung der Wahl am 9. Februar scheiterten wegen einer zu geringen Wahlbeteiligung (50-Prozent-Hürde). Beide Male gaben weniger als die Hälfte der Wahlberechtigten ihre Stimme ab. Mittlerweile wurde diese umstrittene Gesetzesbestimmung gestrichen.

Um das Präsidentenamt ringen drei Kandidaten, so wenige wie noch nie in Montenegro seit der Wiedereinführung des Mehrparteiensystems vor dreizehn Jahren. Wenige Tage vor dem Urnengang ist im kleineren Mitgliedstaat des Staatenbundes Serbien-Montenegro von einem Wahlkampf kaum etwas zu sehen. Der Grund liegt auf der Hand: Der Sieg von Filip Vujanovic, Kandidat der Regierungskoalition "Für ein europäisches Montenegro" (Demokratischen Partei der Sozialisten und Sozialdemokratische Partei) gilt als so gut wie sicher. Meinungsforscher sagen klaren Sieg von Vujanovic voraus

Der derzeitige Parlamentspräsident, der in dieser Funktion seit Ende November auch amtierender Staatschef Montenegros ist, hatte bei den gescheiterten Wahlen überzeugende Siege errungen. Auch dieses Mal sagen Meinungsforscher einen klaren Sieg von Vujanovic voraus. Die zwei Gegenkandidaten, der politische Führer des kleinen Liberalen Bundes, Miodrag Zivkovic, und der unabhängige Dragan Hajdukovic gelten als absolute Outsider. Beiden werden nicht mehr als zehn Prozent der Stimmen zugetraut.

Eine in der vorletzten April-Woche durchgeführte Meinungsumfrage des Zentrums für Demokratie und Menschenrechte (CEDEM) in Podgorica bestätigte, dass Vujanovic der absolute Favorit ist. Die Wahlbeteiligung wird auf etwa 66 Prozent geschätzt. Wahlberechtigt sind dieses Mal 458.367 Bürger Montenegros. Den Urnengang in etwa 1.100 Wahllokalen werden neben Beobachtern des heimischen nichtstaatlichen Zentrums für Demokratische Transition (CDT) und des Belgrader Zentrums für Freie Wahl und Demokratie (CESID) auch noch 19 OSZE-Beobachter verfolgen. Die Wahlkosten belaufen sich auf 1,3 Mio. Euro. "Gemeinsam für Veränderungen"

Die bisher größte Oppositionskoalition "Gemeinsam für Veränderungen" wird am Sonntag überraschender Weise keinen eigenen Kandidaten haben. Die Koalitionspartner - die Sozialistische Volkspartei, die Serbische Volkspartei und die Volkspartei - konnten sich nicht auf einen gemeinsamen Kandidaten einigen. Dies führte zu einer tiefen Koalitionskrise und stellt die Existenz der Koalition in Frage.

Bei der vergangenen Parlamentswahl hatte "Gemeinsam für Veränderungen" noch stattliche 130.000 Stimmen erhalten. Auch wenn es Anzeichen gibt, dass einzelne Koalitionsparteien ihre Anhänger auffordern werden, für Zivkovic zu stimmen, ist es kaum denkbar, dass der Politiker des Liberalen Bundes Vujanovic gefährden kann. Während sich der Liberale Bund Montenegros seit Jahren für die Unabhängigkeit der Republik einsetzt, war die größte Oppositionskoalition als klarer Gegenpol zunächst Bündnispartner von Slobodan Milosevic und danach Befürworter der jugoslawischen Föderation bekannt. Für manch einen ihrer Anhänger ist die Stimmabgabe für Zivkovic völlig undenkbar. (APA)